Literaturübersetzer Peter Urban: Mit Füller, Schreibmaschine und Fax bis drei Uhr morgens im Zigarettenqualm

Der Literaturübersetzer Peter Urban (67) und der Diogenes Verlag arbeiten an einem kühnen Projekt: eine vollständige deutsche Werkausgabe des russischen Schriftstellers Anton Tschechow. Ein gigantisches Vorhaben – vergleichbar mit der Neuübersetzung der großen Dostojewski-Romane durch Swetlana Geier im Ammann Verlag.

Urban wird in jahrelanger Arbeit alles neu übersetzen – das ergibt geschätzte 5.000 Schreibmaschinenseiten. Ein Drittel hatte er bereits fertig gestellt und dann doch wieder verworfen, weil er nicht zufrieden war. Oft lasse er Übersetzungen ein Jahr liegen und überprüfe sie dann auf ihre Qualität, so die Netzeitung in einem längeren Artikel über Urban.

Die Beschreibung der Arbeitsweise des bekannten, renommierten und vielfach ausgezeichneten Literaturübersetzers mutet an wie ein Gemälde von Spitzweg: Urban arbeitet in einem 300 Jahre alten Bauernhaus auf dem hessischen Vogelsberg („Hessisch-Sibirien“) mit „Bücherregalen bis unter die Balkendecke“ und „ganz ohne Computer“. Die Netzeitung schreibt:

Urbans Fax als Verbindung zur Außenwelt hat fast schon historischen Wert, modernere Geräte gibt es nicht. Meist schreibt er mit der Hand vor. „Ich brauche Stille, um die Sätze zu hören.“ Nur das rhythmische Klappern der mechanischen Adler-Schreibmaschine, mit der er die Entwürfe abtippt, darf die Stille stören. Urbans Arbeitszeit ist die Nacht. Oft erlischt das Licht in der Werkstatt erst um zwei oder drei Uhr morgens. Fast ständig qualmen starke Zigaretten.

Bei der Übersetzung hält sich Urban an eine Maxime seines Kollegen Walter Boehlich, der forderte: „Der Stil der Übersetzung muss der Stil des Originals und nicht der Stil des Übersetzers sein.“ Bei früheren Übersetzungen sei Tschechows „schlichter, aber kunstvoller Satzbau“ vernachlässigt worden. Sie enthielten viel „überflüssigen Schwulst“. Urban hingegen schreibt ein „schlankes, lakonisches, genaues Deutsch“, wie Rezensenten loben.

Eine weitere Erkenntnis von Urban aus jahrzehntelanger Übersetzungsarbeit: Noch entscheidender als die Beherrschung der Sprache, aus der man übersetzt, ist die Beherrschung der Sprache, in die man übersetzt.

Der Artikel schließt mit den Worten: „Aus Urbans Übersetzerwerkstatt wird noch auf Jahre nachts Licht auf den schlafenden Weiler im Vogelsberg fallen.“

Ist das nicht romantisch? Literaturübersetzer müsste man sein! (Wenn man denn davon leben könnte.)

Den genannten Artikel können Sie in der Netzeitung lesen: http://www.netzeitung.de/kultur/1098577.html