Interessengemeinschaft Bundesdeutscher Gerichtsdolmetscher (IGBG) gegründet

Helena PiprekIm April 2009 wurde in Hamburg unter Federführung von Frau Dipl.-Phil. Helena Piprek (Bild), Dolmetscherin und Übersetzerin für Polnisch, die Interessengemeinschaft Bundesdeutscher Gerichtsdolmetscher (IGBG) gegründet. Die Initiatoren sind Teilnehmer des Veranstaltungszyklus beim Generalkonsulat der Republik Polen in Hamburg, insbesondere Mitglieder einzelner Berufsverbände (ADÜ Nord, VÜD, VVÜD, BDÜ), akademisch ausgebildete Dolmetscher und Übersetzer, Juristen und Diplomaten. Die vierteljährlich stattfindenden, kostenlosen Veranstaltungen sind u. a. den rechtlichen Rahmenbedingungen, Fragen der Vergütung und der Qualitätssicherung und dem Berufsbild von beeidigten, vereidigten oder ermächtigten Sprachmittlern gewidmet.

Da die Anforderungen an das Berufsbild komplex sind, das Berufsbild des „Gerichtsdolmetschers und -übersetzers“ in Deutschland ungeschützt ist, und es zu wenig spezialisierte akademische Lehrstühle gibt, besteht in vielerlei Hinsicht ein erheblicher Standardisierungs- und Regelungsbedarf. Dieser Herausforderung haben sich die IGBG, das Generalkonsulat der Republik Polen in Hamburg und die Deutsch-Polnische Juristenvereinigung (DPJV)angenommen. Und zwar im Kontext einer zunehmenden, EU-weit notwendigen Harmonisierung von Studiengängen und Berufsbildern, die auf eine Doppelkompetenz Dolmetschen und Übersetzen sowie Rechtswissenschaften abzielen („linguist-lawyer“/“lawyer-linguist“). – Die bereits im EU-Grünbuch von 2003 empfohlene Doppelkompetenz ist unabdingbar für eine Tätigkeit als Sprachmittler bei nationalen und internationalen Behörden der Justiz und des Inneren.

Vor genanntem Hintergrund und 16 verschiedenen, bundesdeutschen Verwaltungsvorschriften bzw. in der Entstehung begriffenen Justizdolmetschergesetzen ist es ein Gebot von Effizienz und Wirtschaftlichkeit, diese inhaltlich nicht nur einander anzupassen, sondern gleichzeitig geltenden EU-Richtlinien Rechnung zu tragen. Auch ein Blick über den bundesdeutschen Tellerrand kann hier nur förderlich sein. EU-Mitgliedsstaaten wie Österreich und Polen haben für die Konzipierung und den Schutz der Berufsbildes eines „Gerichtsdolmetschers und -übersetzers“ bereits wegweisende Arbeit geleistet. Für Herbst 2009 ist unter dem Namen EULITA die Gründung eines europäischen Gerichtsdolmetscherverbandes geplant.

Wichtige Vorarbeit leistete die ATICOM, die für das Bundesland Nordrhein-Westfalen erreichen konnte, dass nur professionell ausgebildete Justizdolmetscher- und -Übersetzer in die Gerichtsverzeichnisse aufgenommen werden und diese bei Einsätzen auch nur direkt hinzugezogen werden. Ein enormer Schritt hinsichtlich der Qualitätssicherung in unserem Berufsstand und eines hohen Standards der Rechtspflege – dem so genannten „Auftragsmakeln“ wird ein Riegel vorgeschoben. Die Berufsverbände, Interessengemeinschaften, der Gesetzgeber und die akademischen Lehrstühle in der Bundesrepublik stehen vor der Herausforderung, das Rad des „entprofessionalisierten Berufsstandes“ der Dolmetscher und/oder Übersetzer infolge verwässerter Verwaltungsvorschriften und unpräziser Gesetzesbestimmungen engagiert und beherzt zurückzudrehen. Die Kompetenz ist in Form exzellent ausgebildeter und praxiserprobter Kolleginnen und Kollegen vorhanden. Diese müssen nunmehr – durch den Gesetzgeber eindeutig definiert – gezielt zum Einsatz kommen.

Die Mitgliedschaft im IGBG ist kostenlos. Herzlich eingeladen sind alle Kolleginnen und Kollegen, Privatpersonen, Firmen, Einrichtungen, Verbände etc.,  die die IGBG-Ziele in Form von Petitionen, Gesetzesentwürfen, Unterschriftensammlungen und sonstigen Aktionen unterstützen möchten. Ausführliche Informationen zum IGBG und Kontaktmöglichkeiten finden Sie unter www.gerichtsdolmetscher.cc.

[Text: Helena Piprek. Quelle: Pressemitteilung IGBG, 2009-05-13. Bild: Piprek.]