Fremde Fracht – 8. Baden-Württembergische Übersetzertage

„Fremde Fracht“  lautet das Thema der 8. Baden-Württembergischen Übersetzertage, die vom 4. bis 8. Mai 2011 in Tübingen stattfinden und vom Projekt „Textabdrücke – literarisches Übersetzen“ der Universität Tübingen und dem Fachbereich Kultur der Universitätsstadt Tübingen organisiert werden. Die Baden-Württembergischen Übersetzertage werden alle zwei Jahre an wechselnden Orten veranstaltet und widmen sich der fremdsprachigen Literatur und ihrer Übersetzung.

Literarische Übersetzerinnen und Übersetzer empfangen und versenden fremde Fracht, sperrige Texte, die sie zerlegen und mühevoll wieder zusammensetzen, beflügelt von sprachlicher Schönheit, aber auch beeinflusst von politischen Konjunkturen und beengt durch finanzielle Zwänge. Fünf Tage lang treffen sich literarische Übersetzer, Autoren und Experten der Kulturvermittlung aus Baden-Württemberg und vielen Orten Europas in Tübingen, um dem literatur- und kulturinteressierten Publikum Übersetztes aus vielen Sprachen vorzustellen und sich mit der breiten Öffentlichkeit über Themen des Kulturtransfers auszutauschen.

Den Auftakt zu den Übersetzertagen bildet am 4. Mai die Eröffnung mit der Podiumsdiskussion „Wie politisch ist das Übersetzen?“ Der Herta-Müller-Übersetzer Alexandru Şahighian,  die Arabisch-Übersetzerin Angela Tschorsnig, Maja Ueberle-Pfaff, Übersetzerin der iranischen Autorin Asar Nafisi, sowie der Tübinger Literaturwissenschaftler und Autor Prof. Dr. Jürgen Wertheimer  diskutieren über den Einfluss politischer Bewegungen und westlicher Denkmuster auf übersetzte Literatur. Die Auseinandersetzung mit politischen Themen steht auch im Mittelpunkt der szenischen Lesung aus Afghanistan des jungen britischen Dramatikers DC Moore in der Übersetzung von Michael Raab am 6. Mai im Landestheater Tübingen und der Lesung aus dem Roman „Zone“ mit dem französischen Autor Mathias Énard und seinen Übersetzern Holger Fock und Sabine Müller im Deutsch-Französischen Kulturinstitut.

Das derzeit europaweit größte literarische Übersetzerprojekt ist die Neuübersetzung der altisländischen Sagas ins Deutsche und in die anderen skandinavischen Sprachen. Die in Prosa verfassten Sagas haben den Mythos vom Norden mit begründet. Im Vorgriff auf den Schwerpunkt „Sagenhaftes Island“ auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2011 präsentieren die Übersetzer Wolfgang Butt und Karl-Ludwig Wetzig am 5. Mai im Zimmertheater Tübingen Ausschnitte aus ihren Neuübersetzungen.

Große Übersetzerpersönlichkeiten faszinieren durch ihre Hingabe an die Literatur und ihren einzigartigen Umgang mit schwierigen, scheinbar unübersetzbaren Texten. Der Film „Die Frau mit den 5 Elefanten“ am 5. Mai im Studio Museum zeigt ein Porträt der kürzlich verstorbenen Freiburger Dostojewski-Übersetzerin Swetlana Geier. Am 8. Mai lesen Ulrich Blumenbach, Übersetzer von David Foster Wallace und Gewinner des Preises der Leipziger Buchmesse 2010,  und die Faulkner-Übersetzerin Susanne Höbel im Deutsch-Amerikanischen Institut Tübingen.

In einem Lesecafé am 7. Mai und in einer Matinée am 8. Mai öffnen Übersetzerinnen und Übersetzer ihre Textkoffer und geben Kostproben aus der italienischen, schwedischen, englischen, kroatischen, polnischen und französischen Literatur. Die gläsernen Übersetzer Violetta Topalova und Wolfram  Ströle laden am 6. Mai zu einem Übersetzerworkshop Englisch-Deutsch für interessierte Laien ein.

Das literarische Übersetzen ist ein Betätigungsfeld, auf dem sich viele Frauen bewegen. Wie Übersetzerinnen sich Texte aneignen und übertragen und welche Unterschiede sich dabei in west-, ost- und außereuropäischen Räumen beobachten lassen, erfragt die Veranstaltung  „Dazwischen. Frauen übersetzen Kulturen“ mit Beate Thill (Freiburg), Claudia Schlicht (Perugia) und Chrystyna Nazarkewytsch (Lemberg) am 7. Mai auf Schloss Hohentübingen.

Ob man literarisches Übersetzen lernen kann, ist seit langem umstritten. In mehrtägigen Workshops führen namhafte Übersetzerinnen und Übersetzer im Rahmenprogramm zu den Übersetzertagen Studierende der Universität Tübingen in die Grundlagen des literarischen Übersetzens ein.

Die 8. Baden-Württembergischen Übersetzertage werden gefördert vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, der Eberhard Karls Universität Tübingen und dem Fachbereich Kultur der Universitätsstadt Tübingen sowie der Robert Bosch Stiftung, dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, von der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, der Stiftung Landesbank Baden-Württemberg und dem Institut Culturel Franco-Allemand Tübingen.

[Text: Universität Tübingen. Quelle: Pressemitteilung Universität Tübingen, 27.04.2011. Bilder: Universität Tübingen.]