Karl-Dedecius-Preis 2011 geht an Esther Kinsky und Ryszard Turczyn

Seit 2003 verleihen das Deutsche Polen-Institut und die Robert Bosch Stiftung alle zwei Jahre den Karl-Dedecius-Preis für polnische Übersetzer deutschsprachiger Literatur und deutsche Übersetzer polnischer Literatur.

Im Jahr 2011 haben sie bereits zum fünften Mal exzellente polnische und deutsche Übersetzer ausgezeichnet: dieses Jahr geht der Karl-Dedecius-Preis an Esther Kinsky und Ryszard Turczyn. Unter dem Ehrenvorsitz von Karl Dedecius ehrt die deutsch-polnische Jury ihre herausragenden Übersetzungen sowie ihre Vermittlungsarbeit zwischen beiden Ländern.

Die deutsche Literaturübersetzerin und Schriftstellerin Esther Kinsky ist 1956 in Engelskirchen geboren und in Bonn aufgewachsen. Sie studierte Slawistik und Anglistik in Bonn und Toronto und ist seit 1986 als Übersetzerin für russische, polnische und englischsprachige Literatur tätig. Somit widmet sich Esther Kinsky seit 25 Jahren der Präsenz polnischer Literatur im deutschsprachigen Raum und hat in dieser Zeit die Werke von mehr als 25 Autoren ins Deutsche übertragen. Für die von Dedecius herausgegebene Polnische Bibliothek, die in 50 Bänden bedeutende Werke der polnischen Literatur vom Mittelalter bis zur Gegenwart vorstellt und von der Robert Bosch Stiftung gefördert wird, übersetzte sie Werke von Jarosław M. Rymkiewicz, Julian Stryjkowski und Aleksander Wat. Zudem fördert sie bislang unbekannte Autoren. Die Jury lobte Kinskys Fähigkeit, der stilistischen Individualität äußerst unterschiedlicher Autoren Ausdruck zu verleihen. Für ihre Arbeit wurde sie bereits u. a. mit Förderungen des Deutschen Übersetzerfonds, dem Brücke Berlin-Preis 2002 und dem Paul-Celan-Preis 2010 ausgezeichnet.

Ryszard Turczyn ist im Jahre 1953 geboren, studierte in Polens Hauptstadt Warschau Germanistik, ist seit seit mehr als 30 Jahren als Übersetzer aus dem Deutschen und Niederländischen ins Polnische sowie als Literaturagent tätig. Er übersetzte Elfriede Jelineks „Die Klavierspielerin“, das erste Prosawerk der österreichischen Autorin in Polen, für das er sechzehn Jahre lang einen Verlag suchte. In der Buchserie „Kroki/Schritte“, die deutschsprachige Literatur in Polen vorstellt, übertrug Turczyn Jean Amérys Hauptwerk „Jenseits von Schuld und Sühne“ und Texte junger Autoren wie Tim Staffel, Christoph Simon und Markus Werner. Insgesamt übersetzte er über 30 Titel. Die Jury würdigte ihn für sein ausgeprägtes Sprachgefühl, seine Sorgfalt im Umgang mit Texten und für seinen Beitrag zu den deutsch-polnischen Kulturbeziehungen.

Die Doppelauszeichnung ist mit jeweils 10.000 Euro dotiert. Die Verleihung findet abwechselnd in Darmstadt und Krakau statt. Der Karl-Dedecius-Preis ist der einzige regelmäßig verliehene Übersetzerpreis im deutsch-polnischen Sprach- und Kulturkontext. Das Deutsche Polen-Institut in Darmstadt feiert mit der Preisverleihung am 20. Mai 2011 den 90. Geburtstag seines Gründers Karl Dedecius.

Seit mehr als zwanzig Jahren engagieren sich die Robert Bosch Stiftung und das Deutsche Polen-Institut für die Verbreitung deutschsprachiger Literatur in polnischer Übersetzung sowie polnischer Literatur in deutscher Übersetzung. Dedecius war es auch, der den Preis bereits im Jahre 1981 begründete. 1992 kam ein Förderpreis für polnische Übersetzer hinzu und seit 2003 wird er als Doppelpreis für polnische und deutsche Übersetzer verliehen.

Der Namensgeber Karl Dedecius

Karl Dedecius ist am 20. Mai 1921 in Łódź geboren und Übersetzer polnischer und russischer Literatur. Er gilt als eine der wichtigsten Persönlichkeiten für die Vermittlung polnischer Literatur und Kultur in Deutschland. 1952 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über und war bei der Versicherung Allianz AG angestellt. In seiner Freizeit widmete er sich seiner Leidenschaft, der polnischen Literatur und ihrer Übersetzung, und pflegte auch private Kontakte zu polnischen Autoren. Im Jahr 1959 erschien die erste von ihm herausgegebene Anthologie Lektion der Stille. Zudem übersetzte er die Werke bekannter polnischer Schriftsteller wie Zbigniew Herbert, Stanisław Jerzy Lec, Czesław Miłosz, Tadeusz Różewicz und Wisława Szymborska in die deutsche Sprache. In den Jahren 1979/80 rief er das Deutsche Polen-Institut in Darmstadt ins Leben, dessen Direktor er bis Ende der 90er-Jahre war. Karl Dedecius ist Träger zahlreicher Preise und Auszeichnungen. Er ist u. a. mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 1990 und dem Orden des Weißen Adlers 1999 in Polen ausgezeichnet worden. Im Jahr 2010 ehrte ihn die Deutsche Nationalstiftung mit dem Nationalpreis, da er sich „durch sein gesamtes Lebenswerk als Brückenbauer zwischen Polen und Deutschland verdient gemacht, indem er den Deutschen den Zugang zu polnischer Kultur ermöglicht“ habe.

Bisherige Preisträger

Preisträger 2009
Renate Schmidgall
Ryszard Wojnakowski

Preisträger 2007
Tadeusz Zatorski
Martin Pollack

Preisträger 2005
Maria Przybyłowska
Dr. Olaf Kühl

Preisträger 2003
Krzysztof Jachimczak
Hans-Peter Hoelscher-Obermaier

[Text: Jessica Antosik. Quelle: deutsches-polen-institut.de; bosch-stiftung.de; wikipedia.de.]

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