Brandenburg: Polizei kündigt alle Rahmenverträge und zahlt künftig nach JVEG

Polizei
Bild: Gerhard Seybert / Fotolia

Die Polizei des Bundeslandes Brandenburg hat zum 01.09.2011 sämtliche Rahmenverträge mit ihren bisherigen Sprachdienstleistern gekündigt. Ab dem Stichtag sollen Dolmetschern und Übersetzern dann keine Dumping-Preise mehr, sondern die im Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) festgelegten Tarife gezahlt werden. Aufträge würden dann konsequent nach dem „Territorialprinzip“ vergeben, so der Sprecher des Potsdamer Polizeipräsidiums, Rudi Sonntag, gegenüber der Tageszeitung Die Welt. Beim Präsidium seien derzeit 1.717 Sprachmittler bzw. Übersetzungsbüros gemeldet, die zusammen rund 200 Fremdsprachen abgedeckten. Die stärkste Nachfrage bestehe für die Sprachen Russisch, Vietnamesisch, Polnisch, Türkisch und Lettisch.

Natália Rózsa
Natália Rózsa

Im Informationsbrief 3/2011 des Verbandes der Dolmetscher und Übersetzer (VÜD), der seinen Mitgliederschwerpunkt in Berlin und Brandenburg hat, wurde das Thema ebenfalls angesprochen. Die VÜD-Vorsitzende Natália Rózsa (Bild) schreibt dort:

Kündigung der Rahmenverträge mit der Brandenburger Polizei

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der VÜD, der BDÜ sowie der VDÜ führen seit 2007 Gespräche mit den Vertretern des Innenministeriums und der Polizei des Landes Brandenburg, um eine Erhöhung der Dolmetscher- und Übersetzerhonorare zu erreichen.

Nach einem langen Austausch und einem Regierungswechsel scheint endlich Bewegung in die Sache zu kommen. Das Polizeipräsidium des Landes Brandenburg beabsichtigt, die momentan gültigen Rahmenverträge zur Jahresmitte zu kündigen und anschließend für die Dolmetscherleistungen gemäß JVEG zu zahlen.

Beeidigte Kollegen, die an einer Zusammenarbeit mit der Polizei Brandenburg interessiert sind, werden gebeten, ihre Aufnahme in die bei den Leitstellen des Landes geführten Dolmetscherlisten zu beantragen. Wichtig ist anzumerken, dass die Interessenten bereit sein müssen, bei Bedarf auch zu Nachtzeiten und an den Wochenenden zu arbeiten sowie ihr Einverständnis für die Speicherung ihrer Daten in einer automatisierten Datei zu geben. Der Aufnahmeantrag soll den Namen, die Anschrift, die telefonische Erreichbarkeit, die Arbeitssprachen sowie eine beglaubigte Kopie der Beeidigung enthalten.

Die einzelnen Dolmetschaufträge werden von der Leitstelle unter Berücksichtigung der Entfernung zum jeweiligen Einsatzort vergeben. Es ist also anzunehmen, dass auch Kollegen aus Berlin in die Liste aufgenommen werden können.

Um die Liste stets aktuell zu halten, wird es zu jeder Zeit möglich sein, in die Dolmetscherliste aufgenommen zu werden. Aus dem gleichen Grunde werden alle gelisteten Kollegen gebeten, jede Änderung ihrer Daten sofort zu melden.

Wir werden unsere Mitglieder über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufen halten.

Ihre Natália Rózsa
Erste Vorsitzende des VÜD e. V.

Auf seiner Website teilte der VÜD am 20.07.2011 mit:

Interessenabfrage der Polizei Brandenburg

Sehr geehrte Kollegen,

Wie bereits im Infobrief 3/2011 angekündigt, hat die Polizei Brandenburg ihre Rahmenverträge mit den Dolmetschern und Übersetzern gekündigt, und wird unsere Leistungen ab dem 01.09.2011 nach JVEG vergüten. Wir danken der Polizei Brandenburg für die konstruktive Konsultation.

Um die flächendeckende Versorgung mit beeidigten und kooperationsbereiten Dolmetschern und Übersetzern zu sichern, startet die Polizei nun eine Interessenabfrage. (Siehe unten)

Interessierte beeidigte/vereidigte/ermächtige Kollegen möchten sich bitte möglichst bald bei der Polizei Brandenburg bewerben.

Bitte beachten Sie, dass Agenturen und Sprachdienste sich ebenfalls bewerben können.

Sollten Sie als Dolmetscher/in bzw. Übersetzer/in nicht unmittelbar für die Polizei arbeiten, sondern über eine Agentur, so müssen Sie mit Einkommenseinbußen rechnen, da die Agenturen zur Finanzierung ihrer Vermittlungstätigkeit einen Teil der von der Polizei bezahlten Vergütung einbehalten.

Wortlaut der Bekanntmachung:

15.07.2011 – Interessenabfrage: Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen für die Polizei des Landes Brandenburg

Das Polizeipräsidium des Landes Brandenburg kündigt mit Wirkung zum 31.08.2011 alle aktuell bestehenden Verträge.

Ab dem 01.09.2011 werden alle Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen auf der Grundlage des JVEG nach den darin ausgewiesenen Sätzen vergütet.

Aus diesem Grund bittet das Polizeipräsidium um Interessenbekundungen zur Aufnahme in die bei den Leitstellen der Polizei des Landes Brandenburg geführten offenen Listen für Dolmetscher und Übersetzer.

Eine Aufnahme in die Listen ist bei Erfüllung der geforderten Voraussetzungen jederzeit möglich.

Voraussetzung für eine Aufnahme in die Listen ist eine nachgewiesene allgemeine Beeidigung als Dolmetscher/Übersetzer bei Gerichten der Bundesrepublik Deutschland für die jeweilige Sprache.

Interessierte Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen werden gebeten, neben Ihren Kontaktdaten (Name, Anschrift, tel. Erreichbarkeit, E-Mail-Adresse für Übersetzungen) auch Angaben zu den Sprachen und zur angestrebten Tätigkeit (Dolmetschen und/oder Übersetzen) mitzuteilen.

Der Interessenbekundung ist neben der beglaubigten Abschrift des Protokolls der Beeidigung/Ermächtigung für die jeweilige Sprache eine Erklärung beizufügen, wonach

1. Einverständnis zur regelmäßigen Überprüfung der persönlichen/gewerberechtlichen Zuverlässigkeit besteht
2. der Speicherung und Verarbeitung der personenbezogenen Daten in einer automatisierten Datei zugestimmt wird und
3. die Bereitschaft besteht, auch am Wochenende und zur Nachtzeit für die Polizei des Landes Brandenburg tätig zu werden.

Die Aufnahme von Dolmetscher-/Übersetzerbüros in die Listen erfolgt ausschließlich über eine namentliche Aufstellung der angestellten beeidigten Dolmetscher mit Wohnanschrift und telefonischer Erreichbarkeit und Vorlage oben angeführter Nachweise. Diese sind jährlich aktualisiert zum 01.09. dem Polizeipräsidium zu übersenden. Es dürfen nur die gemeldeten Dolmetscher/Übersetzer zum Einsatz kommen. Verstöße gegen diese Auflagen können zum Ausschluss der betreffenden Büros führen.

Eine Aufnahme von nichtbeeidigten Dolmetschern/Übersetzern kommt lediglich für Sprachen in Betracht, für die keine weiteren Bewerbungen vorliegen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Vergabe von Dolmetschaufträgen durch die Leitstelle nach dem Prinzip der geringsten Entfernung zum Einsatzort erfolgt.

Ein Anspruch auf eine Beauftragung kann mit der Aufnahme in die offene Liste nicht abgeleitet werden.

Interessenbekundungen sind an folgende Adresse zu senden:

Polizeipräsidium
Stabsbereich 2/Logistik
Kaiser-Friedrich-Str. 143
14469 Potsdam

[Text: Richard Schneider. Quelle: Die Welt, 2011-08-02; VÜD-Informationsbrief 3/2011; VÜD-Website, 2011-07-20. Bild: Gerhard Seybert/Fotolia.de, VÜD.]