Baden-Württemberg will Deutsch-Test für Polizeidienst vereinfachen

Die Polizei in Baden-Württemberg möchte mehr Migranten beschäftigen – dies sei ein Gewinn für alle. Im kommenden Jahr will Baden-Württemberg insgesamt 1.200 neue Polizisten einstellen. Doch wer zur Polizei möchte, muss einen Deutsch-Test bestehen. Um Einwanderern den Eintritt in den Polizeidienst zu erleichtern, erwägt das baden-württembergische Innenministerium die Prüfungsbedingungen zu ändern bzw. eine deutliche Vereinfachung der Einstellungstests. Ministeriumssprecher Andreas Schanz erklärte dem Nachrichtenmagazin FOCUS, der Test stelle für zahlreiche Bewerber eine große Hürde dar. Aus diesem Grund sollen Bewerber mit einem Sprachkurs besser auf die Prüfung vorbereitet werden. Des Weiteren plane die Behörde von SPD-Minister Reinhold Gall (Bild rechts), dass ein Nicht-Bestehen dieser Prüfung, die sich aus einem Diktat und einem Sprachverständnistest zusammensetzt, „nicht mehr automatisch zum Ausschluss des Bewerbers“ führt. Derzeit werde diskutiert, ob Kenntnisse in zusätzlichen Sprachen als Bonus angesehen und somit Schwächen in der deutschen Sprache ausgeglichen werden könnten. Damit sollen die Migranten leichter den Sprung in den deutschen Polizeidienst schaffen.

Seit Anfang der 90er-Jahre haben in Baden-Württemberg etwa 160 Ausländer bei der Polizei angefangen, das heißt also Polizisten mit einer anderen als der deutschen Staatsbürgerschaft. Wie hoch der Anteil der Deutschen mit Migrationshintergrund ist, ist unklar. „Unsere Polizei soll als Bürgerpolizei wahrgenommen werden. Der Bevölkerungsquerschnitt sollte sich dort also auch in etwa wiederspiegeln“, so Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall.

Gall geht davon aus, dass ein höherer Ausländeranteil bei der Polizei auch mehr Kontakt zu Migranten zur Folge habe. Migranten könnten auf diese Weise besser in die Gesellschaft integriert werden. Zudem könnten die häufigen sprachlichen und kulturellen Verständigungsprobleme zwischen Polizei und Migranten besser bewältigt werden. Ausländische Polizisten könnten – sowohl mit ihren kulturellen, als auch mit ihren Sprachkenntnissen – zwischen ihnen und der Polizei als Vermittler agieren. Dies kann auch Peter Wengerek von der Stuttgarter Mordkommission bestätigen. Vor über 20 Jahren ist er aus Polen nach Deutschland gekommen. Mit seinen Polnischkenntnissen hat er schon einige Fälle gelöst, an denen Landsleute beteiligt waren. „Versteht man die Sprache, kann man viel besser auf die Menschen eingehen. So kann man persönlich mit ihnen sprechen und muss nicht über einen Dolmetscher gehen“, erklärt Wengerek.

Früher hatten nur Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft die Möglichkeit, in den Polizeidienst zu gehen und verbeamtet zu werden. Diese Regelung wurde allerdings geändert. Alle EU-Bürger können bei der Polizei beschäftigt werden.

Die Weiterentwicklung der interkulturellen Kompetenz der Polizei ist auch ein Schwerpunktthema bei weiteren Bundesländern wie beispielsweise Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums gab das Ziel aus, „die kulturelle Vielfalt in der Polizeiorganisation zu fördern.“ Die Migrantenquote bei der Berliner Polizei liegt bei rund neun Prozent. Hier ist Zahl der Polizisten mit Migrationshintergrund relativ hoch. Die Polizei wirbt offensiv in den Schulen und versucht gezielt Migranten davon zu überzeugen, „dass es wichtig ist, sich in der Gesellschaft zu engagieren“, so der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut.

Da im Durchschnitt 30 Prozent aller Kandidaten durch die Sportprüfung fallen, gebe es derzeit beim Ministerium Überlegungen, auch hier die Anforderungen zu senken.

[Text: Jessica Antosik. Quelle: focus.de, 12.08.2011; swr.de, 19.08.2011; tagesspiegel.de, 28.07.2011. Bild: MWeiss (Wikipedia).]

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