Im Porträt: Castros Dolmetscher Boris Coloma

Boris Coloma war seinerzeit enger Vertrauter und persönlicher Dolmetscher von Fidel Castro (Bild rechts). 1991 verließ er Kuba und beantragte Asyl in Deutschland. Heute lebt der 58-Jährige in Berlin. Seit 1998 ist er deutscher Staatsbürger. In einem Interview mit der Märkischen Allgemeinen (MAZ) berichtet er über seinen gleichnamigen Vater und seine Zeit als Dolmetscher. Nachfolgend einige Auszüge aus dem Gespräch:

Die Frage, ob er als Sohn des berühmten Boris Coloma, der während der kubanischen Revolution an der Seite Fidel Castros kämpfte, ein Günstling des Regimes war, beantwortet Coloma wie folgt:

Das kann man so sagen. Ich wuchs auf im Sinne der Revolution. Dass ich 1973, gleich nach der Schule, als Übersetzer an die Botschaft in Ost-Berlin geschickt wurde, war eine politische Entscheidung. […] Nach zwei Jahren in der DDR kehrte ich nach Kuba zurück. Ich wurde Übersetzer im Außenministerium, wenig später Castros persönlicher Dolmetscher.

Wie er mit Fidel auskam, beschreibt er so:

Gut. Er ist eine beeindruckende Persönlichkeit, ein sehr schlauer Kopf, aber er hat ein großes Problem. […] Er ist sehr, sehr eitel. Als Willy Brandt 1984 als Vorsitzender der Sozialistischen Internationale Kuba besuchte, habe ich zwischen ihm und Castro gedolmetscht. Nach dem offiziellen Empfang, wir saßen zu dritt im Auto, sagte Fidel: „Genosse Brandt, Sie dürfen mich jetzt umarmen.“ Der aber sah nur verwundert aus dem Fenster und antwortete: „Ah ja.“

Den Bruch zwischen ihm und Castro begründet Coloma folgendermaßen:

Ich war schon in jungen Jahren enttäuscht über den Verlauf der kubanischen Revolution, aber besonders schlimm war für mich der Selbstmord von Haydée Santamaría. Sie war eine große Revolutionsheldin, die ich sehr gut kannte. Im Juli 1980 nahm sie sich das Leben. Ich bin sicher, sie wollte damit ein politisches Zeichen setzen. Bei Haydées Beerdigung in Havanna war auch Fidel da. Ich ertrug es nicht, ihn zu sehen. Er hat die Revolution verraten. Das war der Moment, in dem ich innerlich mit ihm gebrochen habe.

Trotz allem war er für das Regime tätig. Im Jahre 1985 kehrte Coloma nach Ost-Berlin zurück und arbeitete nun als Presseattaché der kubanischen Botschaft. Die Situation in der DDR empfand er damals so:

Die Situation entsprach jedenfalls nicht der kommunistischen Propaganda. Die wirtschaftlichen Probleme waren offensichtlich. Selbst im Politbüro ist hinter vorgehaltener Hand Kritik geübt worden. Man hat mir jedoch verboten, diese Dinge nach Kuba zu melden.

Kurz nach dem Fall der Berliner Mauer neigte sich die Karriere von Boris Coloma im diplomatischen Dienst dem Ende zu. Dies erklärt er damit:

Im Januar 1990 wurde ich von Havanna aufgefordert, den Zusammenbruch der DDR zu erklären. Ich schrieb, die marode Wirtschaft sei schuld. Sofort wurde ich zurückbeordert und galt fortan als politisch kontaminiert. Zur Strafe sollte ich als Bauer arbeiten, in einem Umerziehungslager.

Das Interview können Sie in der MAZ in kompletter Länge abrufen.

[Text: Jessica Antosik. Quelle: maerkischeallgemeine.de, 29.02.2012. Bild: Agência Brasil, Antônio Milena/ABr (Wikipedia).]