Brandenburg: Kürzungen beim bilingualen Unterricht geplant

Seit der Verabschiedung des Gesetzes zur Europäischen Charta und Regionalsprachen des Europarates, das heißt also seit 1998, ist Niedersorbisch offiziell als eigenständige Sprache anerkannt, die allerdings eng mit der obersorbischen Sprache verwandt ist. Niedersorbisch gehört zu den bedrohtesten Sprachen in Europa. Heutzutage wird die westslawische Sprache in der Lausitz gesprochen – noch. Straßenschilder in der Region sind meist zweisprachig. Außerdem gibt es u. a. in Cottbus ein niedersorbisches Gymnasium, das sich für den Erhalt und die Pflege der niedersorbischen Sprache sowie Kultur einsetzt.

Mit dem 1998 in Cottbus ins Leben gerufenen Projekt „Witaj“ besteht die Möglichkeit, den Kindern im Kindergarten und in der Schule die niedersorbische Sprache näher zu bringen. Der Unterricht wird in den Schulen in niedersorbischer und deutscher Sprache erteilt. Das Problem liegt aber darin, dass die Sprache nicht lediglich wie eine Fremdsprache erlernt werden soll. Wichtig ist, dass eine Sprache lebendig bleibt und als Muttersprache angewendet wird. Als Muttersprache ist Niedersorbisch jedoch fast schon ausgestorben.

Nun plant das brandenburgische Ministerium für Bildung, Jugend und Sport jedoch, dass Mathematik-, Sachkunde, Sport- oder Kunstunterricht an Grundschulen in der Niederlausitz nur noch dann in niedersorbischer Sprache gegeben werden soll, wenn die Klasse sich aus mindestens zwölf Schülern zusammensetzt, die an dem „Witaj“-Projekt teilnehmen und zweisprachig unterrichtet werden möchten. Dies ist jedoch nicht so einfach wie es auf den ersten Blick scheinen mag, da das Projekt noch relativ jung ist und die Klassen aus einem Jahrgang nicht gemischt werden können. Nun schlägt das „Witaj“-Sprachzentrum Alarm, da der bilinguale Unterricht für die erste und zweite Klasse bei den Grundschulen im nächsten Schuljahr entweder gar nicht mehr auftauchen oder sehr reduziert werden soll. Dies würde die Weiterentwicklung der Sprache massiv behindern.

Wie viele Menschen die niedersorbische Sprache wirklich beherrschen, ist unklar. Schätzungen zufolge beläuft sich die Zahl um 20.000. Fakt ist jedoch, dass 2.000 Schüler am Witaj-Projekt teilnehmen oder zumindest Niedersorbisch als Fremdsprache lernen.

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[Text: Jessica Antosik. Quelle: neues-deutschland.de, 12.05.2012. Bild: Dabbelju, Lizenz: PD.]