Afghanische Bundeswehr-Dolmetscher in Gefahr – Pro Asyl fordert Aufnahme in Deutschland

Pro AsylNach Medienberichten haben afghanische Übersetzer in Diensten der Bundeswehr eine Petition beim Bundestag eingereicht und erbitten ihre Aufnahme in Deutschland. Pro Asyl fordert die Bundesregierung auf, den so genannten afghanischen Ortskräften – Dolmetschern, Fahrern und anderem Personal – eine Aufnahmezusage zu geben. Angesichts der kontinuierlichen Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan ist bereits jetzt klar, dass das Land 2014 kein sicheres Terrain für afghanische Mitarbeiter der ISAF-Truppen sein wird.

Eine solche Aufnahmeaktion wäre nichts Neues: Beispielsweise haben die USA und Dänemark als Konsequenz aus ihren militärischen Aktivitäten im Irak Dolmetscher und ihre Familien aufgenommen – die USA tausende, Dänemark einige Hundert. Auch die Bundesregierung darf die lokalen Unterstützer der Bundeswehr nach dem Abzug nicht schutzlos zurücklassen. Wenn die Ortskräfte in Afghanistan ihrem Schicksal überlassen werden, wird das Auswirkungen auf jede Art von Auslandseinsätzen haben.

Die von den Taliban zur Frühjahrsoffensive erklärten Anschläge in Kabul und anderen Städten zeigen, dass die immer noch optimistische Lagebeurteilung der Bundesregierung im Widerspruch zur Realität und zu den Einschätzungen der UN und der Menschenrechtsorganisationen steht.

Die größer werdende Unsicherheit in Afghanistan drückt sich auch in der Zahl der afghanischen Asylantragsteller in Deutschland aus. Kamen 2009 noch 3.375 Asylantragsteller aus Afghanistan, so waren es 2010 bereits 5.905 und 2011 nach einer nochmaligen Steigerung 7.767. Absurderweise sinken parallel zu den steigenden Zahlen die Schutzquoten, d. h. der Anteil der positiven Asyl- bzw. Schutzentscheidungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Im Jahr 2009 erhielten 58,6 Prozent aller afghanischen Asylsuchenden einen Schutzstatus, 2010 waren es 43,8 Prozent und 2011 nur noch 34,3 Prozent.

Die Forderung nach adäquatem Schutz für afghanische Flüchtlinge geht deshalb weit über das Schicksal der Ortskräfte hinaus. Dass in den letzten Monaten immer wieder junge männliche Afghanen Abschiebungsandrohungen erhalten, ist unverantwortlich. Ein umfassender Abschiebestopp ist das Gebot der Stunde.

Über Pro Asyl
Pro Asyl ist eine unabhängige Menschenrechtsorganisation, die sich für den Schutz und die Rechte verfolgter Menschen in Deutschland und Europa einsetzt. Neben Öffentlichkeits- und politischer Lobbyarbeit, Recherchen und der Unterstützung bundesweiter Initiativgruppen will der Verein Flüchtlinge in ihren Asylverfahren begleiten und konkrete Einzelfallhilfe leisten.

www.proasyl.de

[Text: Pro Asyl. Quelle: Pressemitteilung Pro Asyl, 2012-04-16. Bild: Pro Asyl.]

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