Sprachpanscher des Jahres: Ursula „ich brauche keine Dolmetscher“ von der Leyen, ProSieben und Wolfgang Joop

Ursula von der Leyen
Ursula von der Leyen – Bild: BMAS

Die Mitglieder des Vereins Deutsche Sprache (VDS) haben die Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen zum Sprachpanscher des Jahres 2014 gewählt.

Anders als bei ihren Konkurrenten äußere sich ihre Sprachverhunzung allerdings nicht in der üblichen Vermengung des Deutschen mit dem Englischen zu einem Pidgin-Dialekt namens Denglisch, so ein Sprecher des Vereins, sondern in einer fast noch schlimmeren Absage an die deutsche Sprache überhaupt:

Auf der 50. Münchener Sicherheitskonferenz am 31. Januar 2014 sprach von der Leyen trotz der Präsenz von Simultandolmetschern die Delegierten auf Englisch an (während der gleichfalls anwesende Bundespräsident seine Rede in deutscher Sprache hielt). Sie dokumentiere damit zum wiederholten Mal die Einschätzung vieler deutscher Politiker, dass die deutsche Sprache international entbehrlich sei.

„Wie soll man bei einem solchen Verhalten von Migranten Deutschtests verlangen, ehe sie einreisen dürfen“, kommentierte der Vereinsvorsitzende Prof. Dr. Walter Krämer, „wenn gleichzeitig immer wieder von hochrangigen Politikern verdeutlicht wird, dass die eigentlich wichtige Sprache in Deutschland Englisch ist?“

Schon acht Jahre zuvor hatten die Mitglieder des Vereins Deutsche Sprache einen anderen CDU-Politiker, den damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten und heutigen EU-Kommissar Günther Oettinger, aus den gleichen Gründen zum Sprachpanscher des Jahres gewählt. Oettinger hatte öffentlich im Fernsehen erklärt, dass Englisch die Sprache der Wissenschaft und Wirtschaft auch in Deutschland sei, Deutsch könne man für private Briefe und am Feierabend nutzen.

ProSieben
Keine einzige Sendung mit deutschsprachigem Titel – das typische Nachmittagsprogramm des deutschen Privatsenders ProSieben.

ProSieben Sat.1 Media AG verwendet vorzugsweise englische Sendungstitel

Auf Platz 2 folgt das Medienunternehmen ProSieben Sat.1 Media AG, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Thomas Ebeling. Der Fernsehsender biedere sich wie kein anderes deutsches Unternehmen dem angelsächsischen Kulturkreis an, so der VDS.

Tatsächlich verwendet das in München ansässige Unternehmen auch für Eigenproduktionen vorzugsweise englische Bezeichnungen. Neben „Germany’s next Topmodel“ sind dies Sendungen wie „The Voice Kids“, „red! Stars, Lifestyle & More“, „Catch the Millionaire“, „talk talk talk – Die Late Show“, „The Voice of Germany“, „Schulz in the Box“ oder „Red Nose Day: Join the Red Nose Day Team!“

Die Hauptnachrichtensendung heißt „Newstime“, das Boulevard-Magazin „taff“. Hinzu kommt, dass die Titel von im Ausland eingekauften Serien und Filmen in der Regel nicht übersetzt werden. Beispiele aus der laufenden Woche: „Two and a Half Men“, „How I Met Your Mother“, „The Big Bang Theory“, „Under the Dome“, „Jackass: the Movie“, „Assassination Games“, „Shrooms“, „Family Guy“, „Mom“,  „2 Broke Girls“.

Nur gelegentlich wird dem englischen Titel eine deutsche Übersetzung beigefügt, wie bei „Scrubs – Die Anfänger“, „Fringe – Grenzfälle des FBI“, „Crash Games – Jeder Sturz zählt“ oder „Year One – Aller Anfang ist schwer“.

Dem Sender gelingt damit das Kunststück, dass oft mehr als die Hälfte aller Sendungen eines Tages englische Titel tragen.

Ein Mode-, aber kein Sprachschöpfer: Wolfgang Joop

Platz 3 belegt der Modemacher Wolfgang Joop. Er verdankt seine Kandidatur vor allem der Jurorentätigkeit bei „Germany’s next Topmodel“ (GNTM), wo er gegenüber deutschen Kandidatinnen vor deutschem Publikum Kommentare wie „you are supercute“ abgab. Sogar das Nachrichtenmagazin Der Spiegel konstatierte: „Traditionell demonstrieren Juroren bei GNTM ihre unüberwindliche Zwangsinternationalität gerne mit ihrer Unfähigkeit, einfach ganz normal Deutsch zu sprechen.“

Zur Wahl standen darüber hinaus zwei weitere Kandidaten:

Dr. Christoph Feldmann, Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V., Dr. Christoph Feldmann, der „Arbeitsschritte in Workflows“ zusammenführt, um den „Supply Chain Managern auf einen Blick Transparenz über … Lieferantenperformance … zu vermitteln“ und so „Supply-Risiken zu erkennen und die Kollaboration in der Supply Chain mit allen Partnern nachhaltig zu verbessern.“

Dr. Andreas Gassen, Kassenärztliche Bundesvereinigung

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Andreas Gassen, trägt die Verantwortung für eine seltsame Kampagne mit dem Titel „Your next Top Check-Up“. Damit will er Jugendliche für Vorsorgeuntersuchungen gewinnen. Und zwar mit „mit Gesundheits-Timer“.

VDS fordert mehr Respekt für deutsche Sprache und Verzicht auf überflüssiges Denglisch

Die Kandidatenliste erläutere besser als jedes Gründungsdokument, warum der Verein Deutsche Sprache existiere und nötig sei, erklärte der Vereinsvorsitzende Prof. Dr. Walter Krämer in Dortmund.

Wahlberechtigt waren die weltweit mehr als 36.000 Mitglieder des Vereins Deutsche Sprache e.V., der diese Negativauszeichnung vergibt. Sie soll den gewählten Personen oder Institutionen als Mahnung dienen, die deutsche Sprache mit mehr Respekt zu behandeln und insbesondere auf überflüssiges Denglisch zu verzichten. Die Wahl fand bereits zum 17. Mal statt.

VDS, rs