„Der Übersetzer – Sprache ist Heimat“: Dokumentarfilm über russisch-deutschen Literaturübersetzer Juri Elperin

Juri Elperin
Juri Elperin 2015 in Berlin mit seiner Frau Kira

Unter dem Titel „Juri Elperin – Der Übersetzer“, Untertitel „Sprache ist Heimat“ haben Grigory Manyuk und Manfred Wiesner einen Film über die turbulente Lebensgeschichte des Literaturübersetzers Juri Elperin (98) gedreht, der mehr als 150 Werke aus dem Russischen ins Deutsche übersetzt hat. „Eine Geschichte über Literatur, Revolution, Vertreibung, Krieg und das Fest des Lebens“, wie es in der Pressemitteilung heißt. „Ein Leben gezeichnet von Revolution, Vertreibung und Krieg, das Heimat in Sprache gefunden hat.“ Der Film wurde im Mai 2015 auf dem 21. Jüdischen Filmfestival in Berlin und Potsdam vorgestellt.

Davos – Berlin – Paris – Moskau – Berlin: Die Sprache ist die Heimat

Der 1917 in Davos in eine weltliche, intellektuelle jüdische Familie geborene Juri Elperin reflektiert in der Dokumentation seine Lebensgeschichte als seine Reise durch Europa vor dem Hintergrund der großen historischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts.

Juri Elperin
Juri Elperin in jungen Jahren in russischer Uniform

Durch die Revolution in Russland verbringt Juri mit seiner Familie seine frühen Jahre in der blühenden Stadt Berlin während der Weimarer Republik. Der bahnbrechende Theaterregisseur Max Reinhardt, der zu den intellektuellen Freunden seiner Eltern gehörte, war für den damals kleinen Jungen eine inspirierende Persönlichkeit. Als 1933 Hitler an die Macht kam, musste die Familie nach Paris fliehen, wo Juri das Gymnasium besuchte, bald schon aber mussten sie in die Sowjetunion.

Im Krieg Dolmetscher für russischen Geheimdienst

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verhört Juri deutsche Offiziere für den russischen Geheimdienst im Speziallager von Krasnogorsk.

Er sehnt sich nach seiner Heimat – Deutschland – und findet die Heimat in der Sprache: „Hitlers Regime hat mir fast alles genommen, aber nicht die Sprache und sie ist für mich der Inbegriff von Deutschland; die Sprache, konnte er mir nicht nehmen.“

Dozent an Hochschule für Fremdsprachen in Moskau

Nach dem Ende des Krieges trat Juri Elperin eine Stelle als Dozent für Lexik und Phonetik der Deutschen Sprache an der Hochschule für Fremdsprachen in Moskau an.

Als Stalins „wurzellose“ anti-„Kosmopoliten“ Kampagne startet, muss der mittlerweile hoch renommierte Juri zusammen mit anderen jüdischen und westlich orientierten Intellektuellen in das „Dorf der Schreiber“ Peredelkino ziehen.

Karriere als Literaturübersetzer

In diesem kleinen Dorf startet Juri Elperin mittellos mit fast 40 Jahre seine Karriere als literarischer Übersetzer. Über 150 moderne und klassische russische Werke konnten so durch seine Übersetzungen eine deutsche Leserschaft finden, er wurde mit dem Nationalpreis ausgezeichnet und genießt einen hohen literarischen Ruf.

Die Elperins konnten sich ein lebendiges Zuhause in Peredelkino einrichten, wo die Familie in der Gesellschaft von kulturellen und intellektuellen Freunden geistig wachsen konnte.

Unter ihnen war der Autor von „Dr. Schiwago“, Boris Pasternak, und die resolute Journalistin Elfie Siegel, die auch im Film zu Wort kommt. Juris Tochter sagt später: „Außerhalb dieses Hauses haben wir uns in Russland immer fremd gefühlt.“

Mit 83 Jahren Rückkehr nach Berlin

Als 2000 das Haus der Familie niederbrannte, verließ die Familie Russland und kehrte nach Berlin zurück.

Der Film

Alte persönliche Bilder werden im Film mit Zitaten von Juri Elperins übersetzten Werken verknüpft. Die Filmemacher begleiten den Professor zu einer Ehrung an der Universität Basel im Jahr 2010 und bei der Arbeit mit seiner Assistentin an einem neuen Buch. Anekdotische Geschichten aus dem intellektuellen Umfeld des Übersetzers geben einen Einblick in sein Arbeitsleben.

Die Dokumentation ist auch ein Film über das Alter. Es ist ein Film über einen alten Mann, der auf sein Leben zurücksieht und es feiert. Eine inspirierende Geschichte über jemanden, der immer nach vorne gesehen und nie aufgegeben hat.

Am Ende des Films bekennt Elperin: „Erst wenn man älter wird, lernt man die Zeit zu schätzen; dann, wenn es bereits vorbei ist. Aber das heißt nicht, dass wir nicht die Zeit nutzen sollten, die uns noch bleibt. Man sollte jeden Tag und jedes Jahr nutzen. Wir sollten das Licht, das Leben genießen und alles was möglich ist genießen.“

Weiterführende Links

Trailer des Dokumentarfilms (4:12 Min.):

Der Film in voller Länge (56:19):

[Textzusammenstellung: Richard Schneider. Quelle: Pressematerial Wiesengold Productions, 2015-05. Bild: Wiesengold Productions.]

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