Qualitätssicherung: Wie sinnvoll sind Werkzeuge wie ErrorSpy?

Konzept ErrorSpyKunden, die auf Qualität setzen, möchten mit professionellen Übersetzungspartnern zusammenarbeiten. Sie wissen, dass Qualitätssicherung Arbeit bedeutet. Deswegen haben qualitätsgeprüfte Übersetzungen auch ihren Preis. Es ist daher für den Kunden umso wichtiger zu wissen, wie und womit geprüft wird, damit er nicht am Ende auf einem Teil der Fehler sitzen bleibt.

Einsatz von Qualitätssicherungswerkzeugen wie ErrorSpy

Angesichts der vielen Aspekte, die zu prüfen sind, ist es heute gängige Praxis, entsprechende Qualitätssicherungswerkzeuge einzusetzen. Die D.O.G. GmbH entwickelte im Jahr 2003 ErrorSpy, die erste kommerzielle Qualitätssicherungssoftware für Übersetzungen.

Damit lassen sich Punkte wie die Einhaltung der vorgegebenen Terminologie, Zahlen und Zahlenformate, Konsistenz, Vollständigkeit, Typografie und einiges mehr softwaregestützt prüfen.

Der Einsatz von Software ist notwendig, weil man realistisch gesehen von keinem Prüfer erwarten kann, dass er in einer Dokumentation von einigen Hundert Seiten lückenlos auf jeder Seite z. B. die richtige Übersetzung der 3.000 vorgegebenen Fachtermini prüft. Formelle Prüfungen erfüllt eine Software mit größerer Zuverlässigkeit als ein Mensch.

Inzwischen fand ErrorSpy einige Nachahmer und die Qualitätssicherungsfunktionen von Übersetzungssystemen sind auch etwas leistungsfähiger geworden. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Tools bleiben jedoch sowohl im Umfang als auch in der Qualität der Ergebnisse bestehen.

Große Unterschiede gibt es zum Beispiel bei der Erkennung von Terminologie. Das kann u. U. konkret bedeuten, dass de facto 20 oder 30 % der Termini gar nicht geprüft werden. Das ist nicht unbedeutend, wenn man bedenkt, dass etwa die Hälfte der gefundenen Übersetzungsfehler Terminologiefehler sind.

Aus diesem Grund haben sich die Entwickler von ErrorSpy besonders intensiv mit diesem Thema befasst und Algorithmen entwickelt, um eine große Zahl von Wortformen in verschiedenen Sprachen zu erkennen. Für viele Tools sind u.a. folgende Aspekte eine Herausforderung:

  • Flexionen (Profil -> Profile)
  • unregelmäßige Plurale (Handrad -> Handräder)
  • Schreibvarianten („Ventilgehäuse“ und „Ventil-Gehäuse“)
  • Mit „und“, Schrägstrich bzw. „oder“ verknüpfte Termini („Einzel-/Reihenmontage“)
  • Termini in Komposita („Erhitzer“ in „Lufterhitzer“)
  • Insertionen („bestimmungsgemäße Verwendung“ in „bestimmungsgemäße sichere Verwendung“)

Software kann den Menschen nicht ersetzen

So nützlich softwaregestützte Qualitätssicherungsprogramme auch sind, können sie trotzdem den Menschen nicht ganz ersetzen. Dadurch, dass die Programme eine ganze Reihe von Prüfungen automatisch durchführen, entlasten sie den Prüfer und schaffen für ihn Freiräume für Prüfungen, die nur ein Mensch übernehmen kann. Es geht um Aspekte wie:

  • Sinnfehler
  • Auslassungen bzw. Hinzufügungen
  • Verstoß gegen vorgegebene Prüfregeln
  • Lokalisierungsfehler (Anpassung von Informationen an lokale Gegebenheiten wie Adressformate)
  • Stil- und Zielgruppengerechtigkeit
  • Grammatikfehler
  • bestimmte Terminologiefehler (kontextabhängige Termini oder Homonyme)
  • gewisse Typografie- und Rechtschreibfehler (zum Beispiel die richtige Worttrennung)
  • Layoutfehler

Sinnfehler sind natürlich am schwierigsten aufzuspüren. Einen Teil davon findet der geübte Prüfer bei der Auswertung der Rückmeldungen aus der softwaregestützten Qualitätskontrolle: Terminologiefehler oder Konsistenzfehler können immer wieder ein Indiz für Sinnfehler sein. Andere Sinnfehler fallen jedoch erst dann auf, wenn man den kompletten Text gegengelesen hat.

Die Ursachen sind vielseitig. Sie können sprachlicher Natur sein: der Ausgangstext ist unklar oder mehrdeutig bzw. der Übersetzer hat ein Wort nicht verstanden. Sie können durch den Kontext bestimmt sein: ein Fachwort kann unterschiedlich ausgelegt werden und der Übersetzer braucht den gesamten Kontext, um die richtige Auswahl zu treffen. Sie können auch aus mangelndem Fachwissen entstehen.

Sinnfehler lassen sich nicht zuverlässig und automatisch erkennen

Es gibt leider keine Patentlösung, um Sinnfehler zuverlässig und automatisch zu erkennen. In manchen Fällen hilft die Rückübersetzung eines Textes bzw. eines Abschnittes, um Sinnfehler sichtbar zu machen. Das funktioniert u. U. auch, wenn die Rückübersetzung mit einem der frei zugänglichen automatischen Übersetzungssysteme (wie Google Übersetzer) erfolgt.

Bestimmte Terminologiefehler kann keine Software erkennen. Es geht z. B. um Termini, die in einer Sprache deutlich präziser übersetzt werden müssen. Das ist oft beim Einsatz nicht übersetzungsgerechter Terminologie der Fall, wenn der Redakteur einen Oberbegriff verwendet (Scheibe, Instrument, Einheit usw.) oder Synonyme einsetzt.

Stil- und Formulierungsfehler

Stil- oder Formulierungsfehler sind ebenfalls nicht einfach zu finden, denn sie hängen zum einen von den Präferenzen des Prüfers und zum anderen vom Dokumenttyp ab. Bei der Übersetzung eines Marketingtextes erwartet man, dass sich der Übersetzer gewisse Freiheiten nimmt und dass die Übersetzung in der Sprache und Kultur des Zielpublikums die gleiche Wirkung erzielt wie im Ausgangstext.

Das ist oft eine sehr große Herausforderung für den Übersetzer, z. B. bei Redewendungen oder Wortspielen wie „(…) eine Kombination, die Freu(n)de schafft“. Keine Software kann beurteilen, ob das dem Übersetzer gelungen ist.

Gewiss kann man nicht jeden Text mit der gleichen Intensität gegenlesen. Aber für die Qualitätskontrolle sind Autor, Qualitätssicherungswerkzeuge und Übersetzungslektor untrennbare Partner. Nur wenn alle Räder ineinander greifen, kann man das Ziel erreichen.

[Text: D.O.G. GmbH. Quelle: D.O.G. news 5/2015. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von Dr. François Massion.]