Wegen der Dolmetscherkosten: Ärzte zeigen kaum Interesse an langfristiger Therapie von Flüchtlingen

Die Ärzte Zeitung berichtet, dass sich nur relativ wenige Psychotherapeuten und Psychiater bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) für die Versorgung von Flüchtlingen ermächtigen lassen. Bundesweit liegt deren Zahl derzeit bei 80 bis 90, wie eine von dem Fachblatt durchgeführte Umfrage ergab. Das Blatt schreibt:

Neben den gesetzlichen Vorgaben wird als ein Grund für das „eher geringe Interesse“ (KV Westfalen-Lippe) das Problem der Dolmetscherfinanzierung genannt. Bei der Behandlung von Flüchtlingen werden nach 15 Monaten Aufenthalt von der GKV keine Dolmetscherkosten übernommen.

Die Ärzte Zeitung geht davon aus, dass nach den 2016 von Flüchtlingen verübten islamistischen Anschlägen von Würzburg und Ansbach das Thema Dolmetscherfinanzierung in der nächsten Zeit „voraussichtlich nicht auf die politische Agenda gesetzt“ wird.

Im Klartext: Weil Flüchtlinge inzwischen ein schlechtes Image haben und Dolmetscher als Profiteure der Flüchtlingskrise gelten, können Politiker eine Übernahme der Dolmetschkosten durch die Kassen gegenüber den Wählern nicht rechtfertigen.

Die Zeitung beruft sich dabei auf die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU, Maria Michalk. Diese erklärte gegenüber der Ärzte Zeitung, dass dies „momentan kein Thema“ sei:

Der Anschlag in Ansbach sei zum Beispiel von einem Flüchtling begangen worden, der in Behandlung gewesen sei. Das zeige, dass sich solche Taten auch nicht mit einer Therapie verhindern ließen.

[Text: Richard Schneider. Quelle: Ärzte Zeitung, 2016-08-17.]

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