Der gläserne Übersetzer: Auslandskonten werden ab 2017 automatisch an Finanzämter gemeldet

Geldscheine
(Bild: Anne Katrin Figge / Fotolia)

Viele Übersetzer und Dolmetscher unterhalten aus praktischen Gründen Auslandskonten. Man kann auf diese Weise Kunden die Zahlung von Honoraren erleichtern oder im Heimatland oder wichtigsten Urlaubsland unkompliziert Geldgeschäfte erledigen und Bargeld abheben.

So bunkern zum Beispiel viele Kollegen, die für amerikanische Übersetzungsbüros arbeiten, deren Honorare auf einem US-Konto. Die dort eingehenden Gelder werden zur Finanzierung des jährlichen Amerikaurlaubs und für den Besuch von ATA-Tagungen ausgegeben, erreichen also nicht selten niemals deutschen Boden.

Viele handeln im naiven Glauben, diese Gelder erst dann versteuern zu müssen, wenn sie auf ein deutsches Konto transferiert werden. Wissentlich oder unwissentlich werden auf diese Weise Steuern hinterzogen. Denn auch Auslandseinkünfte sind selbstverständlich in der jährlichen Einkommensteuererklärung anzugeben – unabhängig davon, in welchem Land diese auf ein Konto eingehen.

In den Jahrzehnten vor Erfindung des Internets und der Einführung von Zahlungssystemen wie PayPal wurde das Auslandskonto gerne als Steuerschlupfloch bzw. Steueroase des kleinen Mannes genutzt.

Bankgeheimnis in Deutschland de facto abgeschafft

In Deutschland wurde das Bankgeheimnis in den letzten 10 Jahren sukzessive ausgehöhlt und de facto abgeschafft. Durch das „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ aus dem Jahr 2003 haben die Finanzämter und einige andere Behörden seit 2005 die Möglichkeit, Bestandsdaten zu Konto- und Depotverbindungen bei den Kreditinstituten über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) abzurufen. Die Betroffenen bekommen davon gar nichts mit und werden auch nicht darüber informiert.

In den Folgejahren wurden auch international mit der EU-Zinsrichtlinie und dem OECD-Abkommen zum Austausch von Bankkundeninformationen entsprechende Regelungen beschlossen. Seit 2016 müssen in Deutschland Bankkunden bei Kontoeröffnungen angeben, in welchen Staaten sie außerhalb von Deutschland steuerlich ansässig sind und gegebenenfalls ihre ausländische Steueridentifikationsnummern mitteilen.

2017 kommen weitere Länder hinzu, Umfang der übermittelten Daten wird ausgeweitet

Schon heute erhält das Bundeszentralamt für Steuern aus vielen Ländern jährliche Mitteilungen über angefallene Kapitalerträge. Ab 2017 kommt eine Vielzahl weiterer Länder hinzu. Außerdem werden Art und Umfang der übermittelten Daten erweitert. So werden künftig auch die Kontostände übermittelt.

Auf der Website des Bankenverbandes heißt es dazu:

Deutschland, alle anderen EU-Staaten und insgesamt über 50 weitere Staaten haben sich bereits 2014 in einem multilateralen Abkommen verpflichtet, Kundendaten auf Basis eines von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeiteten Standards untereinander auszutauschen.

In diesem Rahmen werden die Kreditinstitute verpflichtet, Kundendaten zu erheben und diese ab 2017 jährlich dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu melden. Diese umfassen Konto- und Depotnummern, Kontosalden sowie gutgeschriebene Kapitalerträge einschließlich Einlösungsbeträge und Veräußerungserlöse. Das BZSt leitet die Kundendaten an die Staaten weiter, die am zwischenstaatlichen Steuer-Informationsaustausch teilnehmen. Der Fiskus erhält im Gegenzug Kundendaten über in Deutschland ansässige Steuerpflichtige aus den anderen teilnehmenden Staaten.

Diese EU-Regelung verschärft das OECD-Regelwerk für den automatischen und grenzüberschreitenden Austausch von Informationen über Finanzströme.

Vorbild für die europäischen Regelungen war der von den USA 2010 verabschiedete Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA). Das Gesetz soll verhindern, dass US-Steuerpflichtige ihr Vermögen in ausländische Steuerparadiese schaffen.

82 Staaten nehmen am Datenaustausch teil

Die gegen Steuerhinterzieher gerichteten Regelungen zum Austausch der Daten über Auslandskonten werden von 82 Staaten umgesetzt. Neben den Mitgliedstaaten der EU gehören dazu zum Beispiel auch Mexiko und Argentinien, China und Südkorea, Australien und einige afrikanische Länder.

Auch Russland ist nicht mehr „sicher“

Russland hat sich im Mai 2016 dem System zum automatischen Datenaustausch angeschlossen. Ab 2017 werden die Finanzinformationen über die Konten von Ausländern von den russischen Banken erfasst. Ab 2018 werden die Daten dann an die Steuerbehörden der entsprechenden Teilnehmerstaaten des Abkommens übermittelt.

Betroffene sollten Selbstanzeige in Erwägung ziehen

Wer seine im Ausland eingehenden Einkünfte bisher noch nicht in die Steuererklärung einbezogen hat, sollte das spätestens jetzt tun – eventuell in Verbindung mit einer strafbefreienden Selbstanzeige.

Da sich das Finanzamt nicht nur für das laufende, sondern auch für zurückliegende Jahre interessiert, kann die Offenlegung je nach Umfang der Steuerhinterziehung erhebliche finanzielle Konsequenzen haben. Denn die hinterzogenen Steuern müssen samt Zinsen nachgezahlt werden. Hinzu kommen so genannte Geldauflagen, das sind an das Finanzamt zu entrichtende Zahlungen, gegen die das Strafverfahren eingestellt wird.

Wenn Sie die hinterzogenen Steuern samt Zinsen und Geldauflagen nachzahlen (können), ist die Sache erledigt. Sie kommen nicht vor Gericht, es gibt kein Urteil und es erfolgt keine Eintragung ins Führungszeugnis. Niemand außer Ihnen, Ihrem Steuerberater und dem Finanzbeamten erfährt von der Angelegenheit.

Unbedingt Steuerberater einschalten, um existenzgefährdende Situation zu vermeiden

Brenzlig im Sinne von existenzgefährdend wird es, wenn Sie nicht genügend Rücklagen haben, um die Nachforderungen des Finanzamts begleichen zu können. Eine Kontopfändung (über die Sie grundsätzlich erst nachträglich informiert werden) ist dann nur die erste Eskalationsstufe im reichhaltigen Folterinstrumentarium der Vollstreckungsstelle Ihres Finanzamts.

Deshalb sollten Sie vor der Beichte gegenüber dem Finanzamt unbedingt ein offenes und ehrliches Gespräch mit einem Steuerberater führen. Das braucht Ihnen nicht peinlich zu sein. Für Steuerberater gehören solche Fälle zum interessanteren, anspruchsvolleren und kreativeren Teil des Alltagsgeschäfts.

[Text: Richard Schneider. Quelle: Bundeszentralamt für Steuern; Bankenverband; Capital 09/2014; Zeit, 2014-10-14.]

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