Langfristige Strukturreform: BDÜ hält an Ehrenamt fest – Zentralisierung nur aufgabenbezogen

Bild: Thomas Reimer / Fotolia

Seit Jahren nervt uepo.de den BDÜ mit Vorhaltungen, die Verbandsstrukturen seien nicht mehr zeitgemäß, ineffizient und undemokratisch – besonders im Vergleich mit der tekom.

BDÜ-Präsident André Lindemann hat auf den gestrigen uepo-Artikel „Strukturreförmchen: Beim BDÜ werden ab 2017 alle Aufnahmeanträge zentral bearbeitet“ mit einer detaillierten Stellungnahme reagiert, die wir nachfolgend im Wortlaut veröffentlichen.

Aus ihr wird deutlich, dass der mit 7.500 Mitgliedern größte deutsche Übersetzerverband am Prinzip einer überwiegend ehrenamtlich getragenen Arbeit festhalten will. In der föderalen Struktur sieht der BDÜ keinen Klotz am Bein, sondern einen Pluspunkt. Eine Zentralisierung soll deshalb nur aufgabenbezogen erfolgen, etwa in den Bereichen Mitgliederverwaltung, Öffentlichkeitsarbeit/Website und Fortbildung.

BDÜ bevorzugt Evolution statt Revolution

BDÜ-Präsident André Lindemann:

Die zentrale Bearbeitung von Aufnahmeanträgen ist eine weitere von vielen bereits erfolgten bzw. geplanten Veränderungen in der Verbandsstruktur bzw. -organisation des BDÜ mit dem Ziel der Professionalisierung der Verbandsarbeit.

Nach Vorliegen der Ergebnisse aus der BDÜ-Mitgliederbefragung 2011 haben wir mit einer umfassenden Bestandsaufnahme der Verbandsorganisation in Zusammenarbeit mit einem externen Verbandsberater im Jahr 2012 eine langfristige Strukturreform eingeleitet und werden diesen Weg konsequent weiter beschreiten.

Dabei spielten vor allem zwei Grundüberlegungen eine Rolle: „Ehrenamt vs. Hauptamt“ und „Zentralität vs. Dezentralität der Aufgabenerledigung“.

1. Ehrenamt vs. Hauptamt

Das Ehrenamt ist für den BDÜ deshalb ein wichtiges Prinzip zur Sicherung von Fachlichkeit und Realitätsbezug und zur Vermeidung abgehobenen Funktionärsgebarens, das die Basisnähe in Frage stellt.

Professionalität eines Berufsverbandes ergibt sich aus der Fachlichkeit der Berufe selbst. Aus dieser Fachlichkeit heraus werden die beruflichen Belange nach außen und nach innen definiert. Daraus resultieren zwei wichtige Prinzipien: Die Funktionsträger müssen Fachleute sein, die den Beruf von innen kennen.

Wir arbeiten ständig an einer systematischen Rekrutierung von Freiwilligen für eine ehrenamtliche Tätigkeit im Verband und einem entsprechenden zeitlich geregelten Wechsel zur Vertretung der Interessen der verschiedenen Interessengruppen innerhalb der Berufsgruppe.

Bereits seit 2014 werden in der BDÜ-Verbandsakademie aktive Funktionsträger und Bewerber speziell für ihre Tätigkeit im Verband aus- und fortgebildet.

Abgestimmte klare Aufgabenbeschreibungen, Hilfen und Anleitungen unterstützen bei der Ausübung der Tätigkeit wie auch bei der Übergabe der Amtsgeschäfte und sollen einer möglichen zeitlichen Überbelastung einzelner Funktionsträger genauso vorbeugen wie die aktive fachliche Zuarbeit aus dem Kreise der Mitglieder heraus, die Inanspruchnahme von Leistungen durch externe Partner (wie z. B. in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit, politische Kommunikation, juristische Beratung usw.) und die Ausgliederung von Aufgaben in die BDÜ Fachverlags- und Weiterbildungsgesellschaft mbH.

2. Zentralität vs. Dezentralität der Aufgabenerledigung

Eine starke regionale Basis ist eine der großen Stärken des BDÜ, die auf der aktiven Arbeit der Mitgliedsverbände gründet. In vielen Verbänden ist erkennbar, dass die regionale Fundierung bröckelt, wodurch solchen Verbänden die Basis schrittweise entzogen wird. Nicht wenige Verbände sind dadurch in ihrer Existenz bedroht.

Der BDÜ legt größten Wert darauf, die regionale Basis zu erhalten und deren Vitalität weiter auszubauen. „Vor Ort“ entstehen gesichtsbezogene Bindungen durch persönliche Ansprache und berufsrelevante Netze. „Vor Ort“ kann Gemeinschaft entstehen („Wir-Gefühl“). Durch die Fort- und Weiterbildungsarbeit der Mitgliedsverbände wird die interne Vernetzung der Mitglieder gefördert. Regionalität des Mitgliedermanagements sorgt organisatorisch für kurze (Bearbeitungs-) Wege.

Für die Problematik der De-/Zentralisierung der Aufgabenerledigung sehen wir deshalb auch keine per se optimale Lösung. Zentralisierungsvorteile haben/werden wir da sinnvoll nutzen, wo Aufgaben standardisiert werden können, ohne dass regionale Belange wesentlich eingeschränkt werden.

In den vergangenen Jahren wurde bereits die Mitgliederverwaltung auf der verbandseigenen Internetplattform schrittweise vereinheitlicht und so die Tätigkeit für alle Funktionsträger erheblich vereinfacht.

Ebenso wird im Bereich Öffentlichkeitsarbeit (u. a. durch einen wöchentlichen Jour Fixe auf Bundesebene und einen monatlichen mit allen Mitgliedsverbänden) abgestimmt daran gearbeitet, die Außendarstellung des Verbandes in den Medien, auf Ausstellungen, Konferenzen und Messen zu vereinheitlichen. Ausdruck dessen ist u. a. auch die einheitliche Gestaltung der Internetauftritte der Mitgliedsverbände des BDÜ.

In gleichem Maße wird seit einigen Jahren das Fortbildungsprogramm von Mitgliedsverbänden und der BDÜ Fachverlags- und Weiterbildungsgesellschaft mbH inhaltlich und terminlich abgestimmt. Darüber hinaus arbeiten Bundesverband und Mitgliedsverbände in mehreren ständigen Arbeitsgruppen und Projekt-Teams eng zusammen.

Fragen der Verbandsorganisation stehen auch auf der Tagesordnung der am nächsten Wochenende in Berlin stattfindenden Klausurtagung des Bundesvorstandes mit den Vorsitzenden der Mitgliedsverbände des BDÜ, darunter auch jene von Ihnen angesprochene Frage der Angleichung von Mitgliedsbeiträgen und Leistungen in den einzelnen Verbänden.

[Text: Richard Schneider. Quelle: Mitteilung von BDÜ-Präsident André Lindemann, 2017-01-09.]