Der Osterhase versteckt zu Ostern volkstümlich die Eier im Garten. Jedes Kind freut sich alle Jahre wieder auf den Osterhasen. Doch was hat der Hase überhaupt mit Ostern, dem Fest der Auferstehung Jesu Christi, zu tun?
Der Kirchenvater Hieronymus, Verfasser der Vulgata, der lange Zeit maßgeblichen Bibelübersetzung der katholischen Kirche, erwähnte den Hasen seinerzeit in der Heiligen Schrift. Als er die Bibel im vierten Jahrhundert ins Lateinische übersetzte, entschied er sich für die Worte lepus oder lepusculus, d. h. also übersetzt für Hase bzw. Häschen. Dort heißt es, dass sie zu den Kleinsten auf Erden gehörten und ein schwaches Volk seien. Sie bauten ihr Haus in den Felsen, was symbolisch bedeutet, dass sie auf Christus bauten. Auch in Psalm 104, Vers 18 wird in älteren Übersetzungen vom Hasen oder Kaninchen gesprochen, der in Felsklüften Zuflucht findet wie bei Gott: Die hohen Berge sind der Gemsen Zuflucht, und die Steinklüfte der Kaninchen.
Volkmar Wirth, früherer Direktor des Naturkundemuseums Karlsruhe, sagt, dass in der Bibel ursprünglich gar keine Rede von Hasen war. Vielmehr sprachen die hebräischen Texte vom shaphan, dem Klippschliefer (unteres Bild). Somit liegt ein Übersetzungsfehler vor, der auch Jahrhunderte später nicht aufgedeckt wurde. Erst in neueren Bibelübersetzungen ist das Wort mit Klippschliefer bzw. Klippdachs übersetzt worden.
Die Verwechslung oder Umbenennung ist durchaus nachzuvollziehen. Die Kinder-Naturkundezeitschrift geolino erklärt: Wer einen Klippschliefer das erste Mal sieht, denkt eher an ein pummeliges Kaninchen. Die Tiere sind kaninchengroß, braun und kommen in felsigen Gebieten Afrikas und Westasiens vor. Da die europäischen Übersetzer nichts mit dem Begriff Klippschliefer bzw. Klippdachs in Verbindung bringen konnten, benannten sie das Tier um. Dies bedeutet also, dass der Sinn der Bibelstelle den europäischen Bibellesern deutlich gemacht werden sollte, indem ein Tier genannt wird, das die Leser kennen.
Seit Ambrosius existiert zudem eine ältere Deutung des Hasen als Auferstehungssymbol. Eine weitere mögliche Erklärung besagt, dass der Hase für die Fruchtbarkeit steht. Bis heute gibt es jedoch keine endgültige Erklärung dafür, warum der Hase zu Ostern Eier bringt.
Wie es zum eierlegenden Osterhasen kam, wird wohl nie ganz ergründet werden, so Volkmar Wirth. Er zitiert den Pfarrer und Dichter Eduard Mörike, der im Jahr 1847 Folgendes schrieb: Sophisten und die Pfaffen stritten sich mit viel Geschrei: Was hat Gott zuerst erschaffen, wohl die Henne, wohl das Ei? Wäre das so schwer zu lösen? Erstlich ward ein Ei erdacht, doch weil noch kein Huhn gewesen, Schatz, so hat s der Has gebracht.
[Text: Jessica Antosik. Quelle: Ludwigsburger Kreiszeitung, 07.04.2012; bibel-online.net. Bild: Fmickan, CC-BY; Andreas Tusche, CC-BY.]