„Really bad shit“: UNO-Dolmetscherin lästert in offenes Mikrofon und wird in Israel zur Heldin

Dolmetschpanne UNO
Irritiert schaut die Schriftführerin (links) auf die erheiterten Delegierten. Ihre Assistentin lauscht derweil mit offenem Mund der Dolmetscherin. Der Versammlungsleiter (links) scheint sich hingegen zu amüsieren. - Bildschirmfoto

Es ist der Albtraum aller Konferenzdolmetscher: Man hält in einer Dolmetschpause ein Schwätzchen mit der Kabinenkollegin, lästert womöglich noch über den Unsinn, den man da dolmetschen muss – und wegen eines Bedienungsfehlers oder durch eine technische Panne bleibt das Mikrofon versehentlich offen und der gesamte Saal kann mithören.

Genau das ist einer UNO-Dolmetscherin am 14.11.2013 in einer Ausschusssitzung der Vereinten Nationen in New York passiert, die live im Web-TV der UNO übertragen wurde.

Es handelte sich um den Hauptausschuss 4, den „Ausschuss für besondere politische Fragen und Entkolonialisierung“ der UNO-Generalversammlung, dem alle 193 Mitgliedsstaaten angehören. In einem Abstimmungsmarathon waren an dem Tag neun von zehn gegen Israel beantragte Resolutionen mit großer Mehrheit von den Delegierten verabschiedet worden.

Die Dolmetscherin hatte offenbar aus dem Spanischen ins Englische gedolmetscht. Als der UNO-Botschafter von El Salvador, der den Vorsitz führte, das Wort zur Durchführung einer Abstimmung an die englischsprachige Schriftführerin des Ausschusses übergibt, glaubt die Dolmetscherin, eine Pause machen zu können und empört sich gegenüber ihrem Kollegen in der Dolmetschkabine:

I mean … I think when you have five statements … not five, like a total of ten resolutions on Israel and Palestine … there’s got to be something. C’est un peu trop, non? Well I know it’s … yes, yes … it’s very … but it’s not the only … There’s other really bad shit happening, but no one says anything about the other stuff.

Dolmetschpanne UNO
Der UNO-Botschafter El Salvadors leitet die Sitzung. Ihn scheint die Panne köstlich zu amüsieren.

Die Delegierten reagieren irritiert. Unruhe macht sich breit. Der UNO-Botschafter El Salvadors grinst breit über das ganze Gesicht und kann nur mit Mühe an sich halten.

Da endlich scheint auch der Dolmetscherin aufzufallen, was passiert ist. „Apologies!“, ruft sie rasch ins Mikrofon. Gemurmel und verhaltenes Gelächter im Saal.

Die Schriftführerin schaltet sich ein: „I understand there was a problem with the interpretation?“

Die Dolmetscherin entschuldigt sich daraufhin noch einmal: „The interpreter: apologies!“

Wenige Sekunden später geht die Versammlung wieder zur Tagesordnung über.

Dolmetscherin wird in Israel zur Heldin

Der an sich unbedeutende Vorfall gewann eine breite internationale Publizität, weil er von der pro-israelischen Lobbyorganisation UN Watch (www.unwatch.org) verbreitet und unter anderem von der Jerusalem Post aufgegriffen wurde. Dabei wurde die Dolmetscherin zu einer Art „Heldin des Alltags“ erklärt.

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu spielte die Videoaufzeichnung der Dolmetschpanne in einer Kabinettssitzung am 17.11.2013 seinen Ministern vor und erklärte gegenüber der Presse:

I hope nothing bad happens to the interpreter. But in order to remove all doubt I can say that a place of employment is assured her in Israel if things go in that direction. Sometimes the veil of hypocrisy over the incessant attacks against us is ripped off, and this interpreter did that.

Der Videomitschnitt auf YouTube (von UN Watch mit Textkommentaren versehen):

Mehr zum Thema

Richard Schneider