Von Schuppen und Ösen: Beglaubigte Übersetzungen optimal ausfertigen

Öszange Regur EP 30
Empfehlenswert: die Stanz- und Öszange Regur EP 30.
Geschupptes Umknicken
Geschuppt umgeknickte und mit einer Öse verbundene Seiten. Beim Abstempeln erhält jede einzelne Seite einen Teil des Abdrucks. Der Austausch einer einzelnen Seite wird dadurch verhindert.

Beglaubigte Übersetzungen werden oft nicht optimal ausgefertigt. Die Kunst des geschuppten Umknickens der Seiten scheint völlig in Vergessenheit geraten zu sein. Darüber hinaus verwenden die meisten Übersetzer zum Verbinden der Seiten immer noch einen einfachen Hefter statt einer Öszange. Dies entspricht nicht der Empfehlung, die Übersetzung und die Kopie des Ausgangstextes untrennbar miteinander zu verbinden.

Nachfolgend einige Tipps zur Ausfertigung so genannter beglaubigter Übersetzungen, die korrekterweise als „bestätigte“ oder „bescheinigte“ Übersetzungen bezeichnet werden müssten. Denn mit einer notariellen Beglaubigung hat die Bestätigung oder Bescheinigung der „Vollständigkeit und Richtigkeit der Übersetzung“ nichts zu tun.

Tipp 1: Stempel und Unterschrift besser in Blau statt Schwarz

Viele Übersetzer benutzen schwarze Stempelfarbe und einen schwarzen Kugelschreiber für die Unterschrift, sodass diese sich nicht von der Textfarbe unterscheiden. Solche Exemplare sehen immer wie eingescannt und ausgedruckt oder wie fotokopiert und damit nicht „echt“ aus.

Besser, schöner und „echter“ sehen beglaubigte Übersetzungen aus, wenn man sich bei Stempel und Kugelschreiber für die Farbe Blau entscheidet.

Tipp 2: Rundstempel wirkt offizieller

Schmetterlingsknick
Wenn es sich nur um zwei Blätter handelt, kann man statt einer Schuppung die Seiten auch auf diese Weise umknicken (Schmetterlingsknick).

Ein runder Stempel ist nicht vorgeschrieben, macht aber einen „amtlicheren“ Eindruck, weil er an Behördenstempel erinnert, die in der Regel rund sind.

Normale „eckige“ Stempel mit horizontalen Textzeilen wirken dagegen „billig“ und könnten selbst von Kindern mit einem einfachen Stempelbaukasten nachgeahmt werden.

Tipp 3: Immer eine Kopie des Ausgangstextes anheften

Es gibt immer noch Übersetzer, die darauf verzichten, einen Ausdruck des Ausgangstextes an ihre Übersetzung zu heften, sodass nicht nachvollzogen werden kann, welcher Ausgangstext der Übersetzung zugrunde lag.

Die Justiz verlangt zwar nicht zwingend, einen Ausdruck des Originals an die Übersetzung anzuheften, aber dennoch dürfte jedem einleuchten, warum dies sinnvoll und benutzerfreundlich ist und man nicht darauf verzichten sollte.

Tipp 4: Seiten geschuppt umknicken

Manipulationen kann man erschweren, indem man die linke obere Ecke der Einzelseiten „geschuppt“ nach hinten umknickt, damit jedes Blatt einen Teil des Stempelabdrucks auf der Rückseite abbekommt.

Diese Mühe machen sich die meisten Übersetzer nicht. Es wird zwar umgeknickt, aber nicht ordentlich geschuppt.

Tipp 5: Seiten innen im Knick abstempeln

Zusätzliche Sicherheit ergibt sich, wenn auf allen „Innenseiten“ oben in den Knick ein Stempel gesetzt wird, der dann zur Hälfte auf der Rückseite der vorangehenden und zur Hälfte auf der Vorderseite der nachfolgenden Seite sitzt.

Ein solches Stempeln auf unebenem Untergrund funktioniert allerdings nicht mit allen Stempeln gut (z. B. nicht mit Stempeln, die über ein integriertes Stempelkissen verfügen) und artet oft in eine Schmiererei aus, bei der man nur ahnen kann, dass das ein Stempelabdruck sein soll.

Ösen anbringen
Seiten mit Ösen untrennbar verbinden.

Tipp 6: Seiten untrennbar verbinden

Die Vorschriften zur Ausfertigung beglaubigter Übersetzungen verlangen, dass die Einzelseiten untrennbar miteinander verbunden werden. Dieser Forderung kommen die meisten Übersetzer nicht nach.

Meist werden die Seiten mit einer normalen Heftklammer verbunden. Diese kann problemlos geöffnet und nach dem Kopieren der Seiten oder nach Manipulationen (Hinzufügen oder Entfernen von Seiten) durch eine andere Klammer ersetzt werden, ohne dass dies Spuren hinterlässt.

Entweder mit einer Öszange …

Wird statt einer Heftklammer eine Öse angebracht, ist die Untrennbarkeit gewährleisten, weil diese nicht entfernt werden kann, ohne das Papier zu zerstören.

Eine Öszange in Profiqualität kostet rund 40,00 Euro und hält ein Arbeitsleben lang (z. B. die Regur EP 30). Bestätigte Übersetzungen werden dadurch nicht nur erheblich fälschungssicherer, sondern auch optisch ansprechender. Außerdem wirken sie hochwertiger.

Ein weiterer Vorteil der Öszange besteht darin, dass man (vor allem bei umfangreicheren Dokumenten) auf das Umknicken der Seiten verzichten kann. Dadurch halbiert sich die Seitenzahl an der Verbindungsstelle.

… oder mit Siegelsternen

Alternativ zur Öszange lässt sich die Untrennbarkeit auch herstellen, indem man einen Siegelstern auf der Rückseite über die Heftklammer klebt und diesen noch einmal abstempelt. Siegelsterne kleben besonders fest und lassen sich nicht zerstörungsfrei ablösen.

Siegelsterne
Siegelsterne gibt es in verschiedenen Ausführungen: weiß, farbig, nassklebend, selbstklebend. Sie haben typischerweise einen Durchmesser von 5 bis 6 cm, damit sie den Abdruck eines Rundstempels voll aufnehmen können.
Siegelstern abgestempelt
Absolut manipulationssicher: Rückseite einer bestätigten Übersetzung. Die Seiten wurden umgeknickt und mit einer normalen Heftklammer verbunden. Anschließend wurde ein nassklebender weißer Siegelstern über der Heftklammer angebracht und abgestempelt.

Bezugsquellen

Die handelsüblichen Rundstempel für gerichtlich ermächtigte Übersetzer kann man im Internet in verschiedenen Varianten (ohne Stempelkissen oder selbstfärbend) unter anderem bei Stempelmaster.de bestellen (ca. 20 bis 30 Euro).

Öszangen werden von vielen Büroversandhändlern und Versandhändlern für Notariats- und Rechtsanwaltsbedarf geführt. Suchen Sie im Internet einfach nach „Regur EP 30“ oder „Öszange“ bzw. „Ösenzange“.

In Ladengeschäften für Schreibwaren sind sie hingegen praktisch nie vorrätig (auch nicht in großen Fachgeschäften in den Metropolen), weil es sich um Spezialwerkzeuge handelt, die nur selten verlangt werden.

Össysteme für Textilien sind für Übersetzer nicht geeignet

Mit den in Handarbeitsgeschäften erhältlichen Öszangen und Össystemen für Textilien lassen sich Papierseiten ebenfalls verbinden. Sie sind sehr preiswert (5 bis 15 Euro), ihre Handhabung ist jedoch umständlich und nimmt pro Öse im Vergleich zur Öszange mindestens fünfmal so viel Zeit in Anspruch. Bei einigen Systemen muss mit einem Hammer gearbeitet werden.

Für alle gerichtlich ermächtigten Übersetzer, die regelmäßig beglaubigte Übersetzungen anzufertigen haben, sind die für Textilien und Leder gedachten Systeme daher nicht empfehlenswert.

Prym Vario, Prym 400
Für Textilien und Leder gedachte Öszangen sind in ihrer Handhabung umständlich und für Übersetzer nicht geeignet. Extrem preiswert (6 Euro), aber auch extrem umständlich ist das rechts dargestellte System, das ohne Zange auskommt. Die Öse wird mit einem Hammer eingeschlagen. Auf dem Schreibtisch kann man das nicht machen.

[Text: Richard Schneider. Bild: Richard Schneider; Regur, Prym.]

Leipziger Buchmesse 2024