OLG Schleswig zur Telefonüberwachung: Dolmetscher- oder Übersetzertätigkeit?

Telefonüberwachung
Die Polizei muss schon lange keine Wanzen mehr anbringen, um Telefonate abzuhören. Die Auswertung der Audiodateien erfolgt zeitversetzt am Computer. - Bild: ernestoeslava / Picabay

Das Abhören und zumindest teilweise übersetzen von aufgezeichneten Telefonaten mutmaßlicher Straftäter im Rahmen einer so genannten Telefonüberwachung (TÜ) oder genauer gesagt Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) ist für viele Gerichts- und Polizeiübersetzer eine Routinetätigkeit.

Das Abhören hat sich in Deutschland zu einem Massengeschäft entwickelt. Die Zahl der Überwachungen hat sich innerhalb von 10 Jahren mehr als vervierfacht.

Handelt es sich dabei eigentlich um eine Übersetzungs- oder um eine Dolmetschleistung? Oder agiert der Sprachmittler in solchen Fällen als Sprachsachverständiger? Diese Unterscheidung ist für die Berechnung des Honorars nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) von entscheidender Bedeutung.

Übersetzungs- und keine Dolmetschleistung, weil Translat korrigierbar

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in Schleswig hat mit Beschluss vom 23. März 2015 (1 Ws 79/15) klargestellt, dass es sich bei der Übertragung von auf Tonträgern gespeicherten Gesprächen in die geschriebene deutsche Sprache um eine Übersetzungsleistung handelt, die gemäß § 11 Abs. 1 JVEG zu vergüten ist. Der Paragraph trägt die Überschrift „Honorar für Übersetzungen“.

Der maßgebliche Unterschied zwischen dem Übersetzen und Dolmetschen liege in der wiederholten Korrigierbarkeit des Translats, wie die juristische Website Rechtslupe aus dem Beschluss zitiert. Wiederholte Korrigierbarkeit erfordere in aller Regel einen Zieltext, der in Schriftform oder auf einem Klangträger fixiert sei und somit wiederholt korrigiert werden könne, sowie einen in ähnlicher Weise fixierten Ausgangstext, den man wiederholt konsultieren könne. Liege diese wiederholte Korrigierbarkeit vor, spreche man von einer Übersetzung.

Demgegenüber handle es sich um eine Dolmetschleistung, wenn der Ausgangstext und/oder der Zieltext nicht fixiert sei, weil er z. B. nur einmalig mündlich dargeboten werde.

Geklagt hatte ein Übersetzer für die türkische und kurdische Sprache, der vermutlich als Dolmetscher bezahlt werden wollte. Das Gericht argumentierte jedoch, dass dieser sich den Ausgangstext wiederholt habe anhören können und auch einen wiederholt korrigierbaren Zieltext erstellt habe. Damit habe er eine Übersetzungs- und keine Dolmetschleistung erbracht.

Weiterführender Link

Richard Schneider. Quelle: Rechtslupe, 2015-07-08.]