Laut einer englischen Studie hat jeder dritte Erwachsene seit sechs Monaten nichts mehr mit der Hand geschrieben. Im Schnitt haben die Befragten seit 41 Tagen keinen Stift zur Hand genommen. Die Menschen kommunizieren heutzutage meist per E-Mail oder SMS. Die Schriftkultur ist auf dem Rückzug.
Diese Entwicklung kommt jedoch nicht von ungefähr. Rund 85 Prozent der Unternehmen in Deutschland arbeiten mit Computern. 79 Prozent der Deutschen haben zu Hause einen PC und tippen häufig nur noch. Hinzu kommen die mobilen Geräte. Allein im Jahr 2011 wurden zwölf Millionen Smartphones in Deutschland verkauft, die meistens per Touchscreen zu bedienen sind. Dies entspricht einem Plus von 31 Prozent. Die neueste Handygeneration verfügt über eine Spracherkennung, sodass Texte und Befehle gesprochen statt getippt oder geschweige denn geschrieben werden. Das Schreiben mit der Hand rückt also immer weiter in den Hintergrund.
Kindern wird in der Schule das Schreiben mit der Hand und sogar die Schreibschrift beigebracht noch zumindest. Als Erwachsener muss man heutzutage aber eigentlich gar nicht mehr schreiben, sondern nur noch unterschreiben können (wie beispielsweise EC-Kartenbelege oder Verträge). Den Bewerbungsunterlagen werden ein abgetipptes Anschreiben sowie ein ausgedruckter Lebenslauf beigelegt. Lediglich in den seltensten Fällen wird ein handschriftlich verfasster Lebenslauf gefordert.
Beispiel für Schreibschrift nach der Schulausgangsschrift
Doch warum ist das Schreiben mit der Hand trotz allem wichtig? Es fördert Koordination und Geschick. Wenn wir nicht mehr per Hand schreiben, wird das dafür zuständige Hirnareal nicht mehr benutzt. Forscher befürchten, dass dieser Teil dann schrumpft. Da dieser Hirnteil jedoch für sämtliche Bewegungsabläufe mitverantwortlich ist und etwa ein Drittel der gesamten Hirnmasse ausmacht, kann das gravierende Folgen haben. Zum Beispiel ist es durchaus möglich, dass man im Alter schneller vergesslich wird.
Es ist also wichtig, dass Kinder das Schreiben mit der Hand lernen bzw. nicht verlernen, weil durch die Bewegungen beim Schreiben zuerst die Buchstaben an sich und dann das Geschriebene, d. h. der Lernstoff, schneller und tiefer im Gehirn verankert werden als zum Beispiel beim Tippen auf einer Tastatur. Das bedeutet, dass Kinder besser lernen, wenn sie mit der Hand schreiben. Lesen ist Schreiben im Gehirn. Kinder, die nicht per Hand schreiben lernen, sondern gleich am Computer tippen, geraten gegenüber den Handschreibern schnell ins Hintertreffen. Und zwar nicht nur beim Schreiben, sondern auch beim Lesen.
Einen Brief zu lesen, der mit der Hand und nicht am Computer geschrieben wurde, ist zudem etwas Besonderes. Die Handschrift vermittelt Emotionen. Grafologen sind sogar in der Lage, aus einer Handschrift Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Schreibers ziehen.
[Text: Jessica Antosik. Quelle: bild.de, 27.06.2012. Bild: Wohingenau, Lizenz: PD (Wikipedia).]