Nach monatelangem Warten erschien im März 2015 in englischer Sprache das Handbook of Terminology (HoT) bei John Benjamins Publishing Co. Unter der Leitung von Hendrik J. Kockaert und Frieda Steurs haben international anerkannte Wissenschaftler und Praktiker aus mehreren Kontinenten Beiträge zum aktuellen Stand der Terminologie beigesteuert. Der erschienene Band ist der erste aus einer Serie von fünf Bänden (Band 2 ist für den Herbst angekündigt) und enthält auf 558 Seiten 25 Fachartikel, die sich sowohl mit grundsätzlichen Fragen der Terminologielehre auseinandersetzen, wie z. B. der Beitrag von Loïc Depecker über „How to build terminology science?“ als auch mit konkreten Themen der Terminologiearbeit wie der Beitrag von Klaus-Dirk Schmitz über „Terminology and localization“.
Interessant ist dieses Handbuch für alle, die ihre Terminologiekenntnisse vertiefen und sich mit den neuesten Entwicklungen am Markt vertraut machen möchten. Besonders positiv ist die Tatsache, dass mehrere Themen vorkommen, die nicht zum Standardrepertoire von Terminologiekursen oder -schulungen gehören und z. T. zukunftsträchtige Konzepte behandeln.
Das ist z. B. in dem Beitrag „Using frame semantics to build a bilingual lexical resource on legal terminology“ von Janine Pimentel der Fall. Sie zeigt wie Frame Semantics hilft, das Problem der ungleichen Begriffsdefinitionen zwischen Sprachen bzw. Sprachgemeinschaften zu überbrücken, wie es u. a. bei der Rechtsterminologie oft der Fall ist. Frames (Schemata/Schablonen) sind die Organisationseinheit von Frame Semantics. Sie sind hilfreich, weil sie Wörter auf der Basis ihrer Verwendung oder der mit ihnen eingesetzten Begriffe zusammenfassen. So lässt sich beispielsweise ein Wort wie „Dienstag“ durch den Bezug auf ein Frame [Calendric_unit] definieren. Janine Pimentel erklärt, wie mit solchen Frames die Zuordnung von asymmetrischen Begriffen aus zwei Sprachräumen optimiert werden kann.
Alan Melby befasst sich mit dem TBX-Format und seinen vielen Dialekten. TBX steht für die ISO-Norm TermBase eXchange und ist ein XML-basiertes Standardformat für den Austausch von Terminologiebeständen. Alan Melby beschreibt im Detail die Konzepte auf denen TBX und TBX-Dialekte basieren und gibt viele nützliche Informationen und Anregungen für den Umgang mit TBX-Tags in besonderen Situationen wie z. B. beim Einsatz von „persistent identifier“, um Terminologieeinheiten auch nach dem Terminologieaustausch verfolgen zu können.
In ihrem Beitrag „Managing terminology in commercial environments“ diskutiert Kara Warburton viele Facetten der Terminologiearbeit in Unternehmen. Dieser theoretisch sehr fundierte Artikel schlägt mit Erfolg eine Brücke zwischen Theorien aus der Lehre und Anforderungen an die Terminologiearbeit in einer kommerziellen Umgebung. Sie beschreibt u. a. wie Terminologie in Unternehmen nicht nur als Unterstützung für Autoren und Übersetzer verwendet wird, sondern langsam in weiteren Bereichen wie Informationsmanagement, Marktbeobachtung oder Kommunikation zum Einsatz kommt.
Etwas provozierend stellt sie die Frage, inwiefern der begriffsorientierte Ansatz, der sonst in Terminologiekreisen als Maßstab aller Dinge gilt, gegenüber benennungsbasierter Terminologiearbeit als der bessere Ansatz gilt und gibt Ad-Hoc-Terminologielisten (z. B. im Rahmen der Vorbereitung eines Übersetzungsprojekts) als Beispiel.
Dies sind nur einige Beispiele aus einer Vielfalt von Artikeln. Das „Handbook of Terminology“ ist sicherlich kein Handbuch, das man unverdaut in die Praxis umsetzen kann. Mehrere Artikel sind theorielastig und besprechen im Einzelfall Beispiele oder Situationen, die man eher in akademischen Versuchsräumen und weniger im Redaktions- oder Übersetzungsalltag trifft. Es liefert aber sehr wertvolle Anregungen und Konzepte, die für die Praxis von Terminologen in Betrieben hilfreich sind.
Bibliografische Angaben
Hendrik J. Kockaert, Frieda Steurs (März 2015): Handbook of Terminology.
John Benjamins Publishing Co. Amsterdam/Philadelphia. 539 Seiten, ISBN 9789027257772, 105,00 Euro.
[Text: D.O.G. GmbH. Quelle: D.O.G. news 1/2015. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von Dr. François Massion. Bild: John Benjamins.]