In Clausnitz im Osterzgebirge haben am 18.02.2016 rund 100 Menschen lautstark gegen das Eintreffen von einigen Dutzend Flüchtlingen in ihrem Dorf (870 Einwohner) demonstriert. Vor dem Bus skandierten sie „Wir sind das Volk“ und provozierten die Insassen mit beleidigenden Gesten („Stinkefinger“ und Hals-ab-Geste), die entsprechend erwidert wurden. Eine arabische Frau spuckte von innen in Richtung der Demonstranten gegen die Scheibe des Busses, wofür sie sich später entschuldigte.
Fast zwei Stunden lang konnten die Asylbewerber, darunter Frauen und Kinder, den Bus wegen der feindseligen Menschenmenge nicht verlassen. Erst nachdem die Polizei mit 23 Mann vor Ort war, gelangten sie in die Unterkunft.
Handy-Videos des Ereignisses wurden über soziale Netzwerke verbreitet. Der Vorfall wurde von den Massenmedien aufgegriffen und tagelang groß herausgebracht.
Im Bus war ein Dolmetscher anwesend, der versuchte, beruhigend auf die Flüchtlinge einzuwirken. Er zeigte sich über den auf Seiten der Demonstranten zutage tretenden Hass überrascht und schilderte seine Eindrücke in der RTL-Fernsehsendung „Stern TV“ (siehe obiges Video).
Dolmetscher stehen zwischen den Fronten
So wie in diesem Fall erleben sowohl Laien- als auch Berufsdolmetscher die europaweit umstrittene Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und die daraus resultierende Spaltung der deutschen Gesellschaft sowie die zunehmende Verrohung und Radikalisierung der politischen Auseinandersetzung direkt und ganz unmittelbar und stehen oft zwischen den Fronten.
[Text: Richard Schneider. Quelle: Stern TV, 2016-02-25; holzhau.de, undatiert; bild.de, 2016-02-25; . Video: Stern TV.]