Urbi et orbi: Papst Franziskus setzt Tradition der Grüße in mehr als 60 Sprachen nicht fort

"Urbi et orbi" auf Benediktioinsloggia
Papst Franziskus spendet den Segen „urbi et orbi“ von einem Balkon des Petersdoms aus. - Bild: Pressebild Vatikan

Am Ostersonntag hat Papst Franziskus wie immer um 10 Uhr die Heilige Messe zelebriert und anschließend um 12 Uhr von der Loggia aus den Segen „urbi et orbi“ für die Stadt Rom und den gesamten Erdkreis erteilt. Dieser wird in feierlicher Form zu Ostern, zu Weihnachten und unmittelbar nach dem ersten öffentlichen Auftreten eines neu gewählten Papstes gesprochen.

Petersplatz
Der Petersplatz war nach den zwei Corona-Jahren wieder gut gefüllt. – Bild: Vatikan

Gegrüßt wird nicht mehr in 60 Sprachen, sondern nur noch auf Italienisch

Vielen, die die Geschehnisse im Vatikan nur sporadisch verfolgen, ist vermutlich noch gar nicht aufgefallen, dass Franziskus seit seiner Amtseinführung 2013 mit einer Tradition gebrochen hat, die bei den Zuschauern äußerst beliebt war.

Anders als seine Vorgänger verliest der aktuelle Papst die sich an den Segen anschließenden Grüße an die Gläubigen in aller Welt nicht mehr in über 60 Sprachen. Stattdessen beschränkt er sich auf Italienisch. Der Segen selbst wurde und wird stets in der Liturgiesprache Latein ausgesprochen.

Eine Begründung für diesen Sinneswandel in Sachen Mehrsprachigkeit ist nicht bekannt. Möglicherweise erscheint dem Jesuiten Franziskus dieser Brauch zu sehr als eine Äußerlichkeit und als Anbiederung an die aus aller Welt angereisten Touristen auf dem Petersplatz, die jede einzelne Sprache begeistert zu beklatschen pflegten.

PR-Strategen hätten hingegen sicherlich dazu geraten, die über einen Zeitraum von  genau 50 Jahren gepflegte sympathische Geste fortzuführen. Sie sicherte dem Papst einen Kurzauftritt in den Hauptnachrichtensendungen aller Länder, in deren Sprache die Segenswünsche verlesen wurden. Selbst wenn es sich nicht um mehrheitlich christliche Länder handelte.

Papst Paul VI.
Er führte die mehrsprachigen Ostergrüße ein: Papst Paul VI. – Bild: gemeinfrei

Mehrsprachigkeit wurde in 1960er Jahren von Papst Paul VI. eingeführt

Die Tradition der sich an den Segen anschließenden mehrsprachigen Grüße und Segenswünsche war von Paul VI. begründet worden, der 1963 zum Papst gewählt wurde und 1978 starb.

So hielten es auch seine Nachfolger Papst Johannes Paul II. (1978 bis 2005 im Amt) und Papst Benedikt XVI. (2005 bis 2013). Unklar ist, wie Johannes Paul I., „der lächelnde Papst“, dies gehandhabt hätte. Er wurde im August 1978 gewählt und starb bereits 33 Tage später.

Der 2013 zum Papst gewählte argentinische Kardinal Jorge Mario Bergoglio setzte, obwohl selbst mehrsprachig, diesen Brauch jedenfalls nicht fort.

Allerdings wird in der vorangehenden Messe auf die Mehrsprachigkeit der katholischen Kirche Bezug genommen. Diese wird auf Italienisch gefeiert, mit Lesungen und Fürbitten in etwa zehn Sprachen (2024 waren dies Englisch, Französisch, Latein, Griechisch, Arabisch, Spanisch, Tamil, Portugiesisch und Chinesisch).

Wie seine Vorgänger wendet sich Franziskus vor dem eigentlichen Segen mit einer kurzen Ansprache zu Themen der Zeit an die Gläubigen – auf Italienisch.

Papst Franziskus
Die katholische Kirche schloss sich 2022 nicht der Kriegsbegeisterung in Sachen Ukraine an, sondern mahnte zum Frieden. – Bild: Vatikan

Zum Ukraine-Krieg: Frieden ist Pflicht und vorrangige Verantwortung aller

Ein ungewöhnlich ernst gestimmter Papst Franziskus nahm in seiner Ansprache auch zum Krieg in der Ukraine Stellung. Dabei redete er den Kriegsbegeisterten und Kriegstreibern ins Gewissen, die zurzeit die politische Diskussion in Europa dominieren. Er forderte:

Man höre auf, die Muskeln spielen zu lassen, während die Menschen leiden. […] Der Frieden ist möglich, der Frieden ist eine Pflicht, der Frieden ist die vorrangige Verantwortung aller!

Benediktionsloggia
Der Segen „urbi et orbi“ wird meist von der Loggia über den Portalen des Petersdoms erteilt (Benediktionsloggia). – Bild: Vatikan

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Richard Schneider