Mit dem Deutschland-Ticket ins Ausland – zum Beispiel zum Sprachenlernen

Deutschland-Ticket Logo
Das Deutschland-Ticket beendet die Kleinstaaterei der mehr als 60 deutschen Verkehrsverbünde, die bislang eigene Tarife und Fahrkarten herausgegeben haben. - Bild: DT

Mit dem ab 1. Mai 2023 geltenden Deutschland-Ticket / D-Ticket (inoffiziell auch Deutschlandticket), das bundesweit für den gesamten Nahverkehr gilt, kann man durchaus zum Sprachenlernen ins grenznahe Ausland fahren.

Unter den Orten, die in unseren Nachbarländern dauerhaft ohne zusätzliche Fahrkarte erreichbar sind, befinden sich nicht nur malerische Kleinstädte wie Wissembourg im Elsass. Auch Großstädte wie Salzburg, Basel, Luxemburg, Venlo, Enschede, Arnhem und Nijmegen gehören zum Angebot.

RE13 Venlo
Der Regionalexpress 13 fährt aus Westfalen kommend bis in die niederländische Großstadt Venlo – über Hagen, Wuppertal, Düsseldorf und Mönchengladbach. – Bild: Richard Schneider

Nach aktuellem Stand sind bei Fahrten mit dem Deutschland-Ticket folgende Städte inbegriffen, die Endpunkt oder Zwischenhalt einer deutschen Linie sind:

  • Dänemark: Tønder (Tondern, 7.500 Einwohner).
  • Niederlande: Nijmegen (Nimwegen, 182.000 Einwohner), Enschede (161.000), Arnhem (Arnheim, 152.000), Venlo (103.000), Hengelo (80.600), Kerkrade (Kirchrath, 45.600), Sittard (37.000), Vaals (10.200), ’s-Heerenberg (8.600), Millingen (5.800).
    Tipp: Von Kerkrade aus kommt man für 8 Euro extra (einfache Fahrt) bis in die Universitätsstadt Maastricht (122.600 Einwohner).
  • Belgien: Kelmis (11.200 Einwohner).
  • Luxemburg: Stadt Luxemburg (124.500 Einwohner, erreichbar mit Bahn und Bus), Clervaux (Clerf, 5.600, Bus), Vianden (2.100, Bus).
  • Frankreich: Sarreguemines (Saargemünd, 20.500 Einwohner), Creutzwald (12.700), Wissembourg (Weißenburg, 7.400), Carling (3.400), Lauterbourg (Lauterburg, 2.300 Einwohner).
    Für die Busse der Linie 30 von Saarbrücken ins französische Forbach und der Linie MS nach Saint-Avold gilt das Deutschland-Ticket hingegen nicht, weil diese schon seit Jahrzehnten von einer französischen Verkehrsgesellschaft betrieben werden.
  • Schweiz: Basel (173.000 Einwohner, Basel SBB und Basel Bad. Bf), Schaffhausen (37.200), Thayngen (5.600), Trasadingen (638).
  • Österreich: Salzburg (155.400 Einwohner), Kufstein (19.600), Reutte (6.900), Ehrwald (2.600), Vils (1.400).
  • Tschechien: Hrádek nad Nisou (Grottau, 7.700 Einwohner), Vejprty (Weipert, gegenüber Bärenstein, 2.800).
  • Polen: Świnoujście (Swinemünde, 40.900 Einwohner), Zgorzelec (30.000 Einwohner, gegenüber Görlitz), Słubice (16.600, gegenüber Frankfurt/Oder), Gubin (Guben, 16.500), Krzewina Zgorzelecka (220, gegenüber Ostritz), Krajnik Dolny (Niederkränig, ein Dorf bei Schwedt).
Schienennetz Luxemburg
Das Schienennetz im Großherzogtum Luxemburg. – Bild: Michiel1972 (CC BY-SA 3.0)

D-Ticket gilt nicht am ausländischen Zielort – aber ganz Luxemburg ist kostenfrei

Zu beachten ist, dass das D-Ticket nicht für den öffentlichen Nahverkehr am ausländischen Zielort gilt. Dort ist bei Bedarf eine lokale Einzelfahrkarte oder ein Tagesticket zu lösen.

Eine Ausnahme ist Luxemburg: Weil der öffentliche Nahverkehr im Großherzogtum seit 2020 für Fahrgäste grundsätzlich kostenfrei ist, entstehen innerhalb des Landes für Fahrten mit Bahn, Bus und Straßenbahn keine Zusatzkosten. Dies gilt nicht nur für Einheimische, sondern ausdrücklich auch für ausländische Touristen.

ICE
Eigentlich darf man mit dem Deutschland-Ticket weder in einen InterCity (IC) noch in einen InterCityExpress (ICE) einsteigen. Aber es gibt Ausnahmen. – Bild: Richard Schneider

D-Ticket gilt auch für einzelne IC-/ICE-Verbindungen

Das Deutschlandticket gilt entgegen der allgemeinen Regel, dass damit keine IC-/ICE-Züge genommen werden dürfen, auch für folgende Verbindungen:

  • IC Stuttgart – Singen (Gäubahn). Von Singen aus ist man dann schnell mit dem Nahverkehr in Konstanz am Bodensee.
  • IC-/ICE-Verbindungen zwischen Rostock Hbf und Stralsund Hbf.
  • IC-Strecke zwischen Bremen Hbf und Norddeich Mole. Der InterCity ist auf dieser zweieinhalbstündigen Fahrt zwar auch nicht schneller als der Regionalexpress, weil er dieselben Haltestellen anfährt, aber etwas komfortabler. In Norddeich Mole kann man direkt auf die Fähre nach Norderney umsteigen. Deren Kosten von 11,25 Euro für eine einfache Überfahrt sind aber nicht vom D-Ticket abgedeckt.
Ortsschild Übersee
Bild: UEPO.de

Reisen bis nach Übersee möglich?

Wörtlich genommen kommt man mit dem Deutschlandticket sogar bis nach Amerika (Ortsteil der Gemeinde Garrel), Kalifornien (OT von Schönberg an der Ostsee) sowie nach England (OT der Gemeinde Nordstrand), Neuengland (OT von Westerstede) und Grönland (OT von Sommerland in Schleswig-Holstein) – alles echte Paradiese (OT von Soest in Westfalen).

Das in diesem Zusammenhang ebenfalls oft genannte Brasilien besitzt nicht den Status eines Orts(teils), sondern ist lediglich ein Flurstück in Schönberg, das übrigens direkt an Kalifornien angrenzt.

Trotzdem lässt sich die in der Zwischenüberschrift gestellte Frage mit Ja beantworten: Der Luftkurort Übersee ist eine Gemeinde am Chiemsee im oberbayerischen Landkreis Traunstein.

Nachfolger des 9-Euro-Tickets

Die Fahrkarte wurde nach dem Erfolg der 2022 durchgeführten Sonderaktion mit dem 9-Euro-Ticket entwickelt und ist bundesweit im gesamten öffentlichen Nahverkehr gültig.

Dabei hat man aus einigen Fehlern des 9-Euro-Tickets gelernt. Während es im Juni, Juli und August 2022 noch nicht möglich war, zum Beispiel mit dem RE 13 bis zum Endbahnhof Venlo in den Niederlanden durchzufahren, ist das in diesem Jahr mit dem D-Ticket kein Problem.

Schwebebahn
Das Deutschland-Ticket gilt bundesweit im gesamten öffentlichen Nahverkehr und damit auch für spezielle Nahverkehrssysteme wie die Wuppertaler Schwebebahn. Sie hat bereits 1901 ihren Dienst aufgenommen und ist die größte Sehenswürdigkeit der Industriestadt im Bergischen Land. – Bild: Richard Schneider

Bonitätsprüfung schließt 9 Prozent der Bevölkerung aus

Entgegen dem allgemeinen Eindruck handelt es sich beim Deutschlandticket formaljuristisch nicht um eine Monatskarte, sondern um eine monatlich kündbare digitale Jahreskarte. Da die Bahngesellschaften gegenüber dem Bund finanziell in Vorleistung gehen, wird bei Antragstellern routinemäßig eine Bonitätsprüfung durchgeführt.

Die Deutsche Bahn bietet ausschließlich eine Zahlung per Lastschrift vom Girokonto an und prüft schon bei Beantragung des Tickets automatisiert, ob jemand auf der „schwarzen Liste“ steht. Für diesen Bonitätsabgleich arbeitet sie mit der Auskunftei Infoscore Consumer Data GmbH (ICD) zusammen und gleicht die Anmeldedaten mit deren Bestand ab. Wer keine weiße Weste hat, wird umgehend aufs Abstellgleis geschoben: „Die Aktivierung Ihres Abonnements verzögert sich. Sie erhalten in Kürze weitere Informationen von uns.“

Für kreditunwürdige Fahrgäste mit Schufa-Einträgen – immerhin 9 Prozent der Bevölkerung – bietet die Deutsche Bahn keine praktikablen Zahlungsmöglichkeiten an. Es wird lediglich vorgeschlagen, die Jahresgebühr von 588 Euro im Voraus am Schalter zu entrichten.

Deutschlandticket bei einzelnen Anbietern ohne Bonitätsprüfung

Auf die Aussperrung der armutsbetroffenen Schichten durch die Deutsche Bahn haben einzelne Anbieter mit einer sozial verträglicheren Strategie reagiert:

  • Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) bieten das Deutschlandticket ohne Bonitätsprüfung und mit zahlreichen Zahlungsmöglichkeiten wie etwa PayPal und Kreditkarte an: www.bvg.de/de/deutschlandticket. Allerdings wird die digitale Fahrkarte konsequent sofort gesperrt, falls eine Monatsabbuchung mangels Kontodeckung nicht durchgeführt werden kann. Kommt das häufiger vor, wird das Abo unter Umständen vollständig gekündigt. Die BVG stellen auf Wunsch auch eine Chipkarte aus. Alle bei der BVG bestellten Deutschlandtickets gelten nicht sofort, sondern frühestens ab dem 1. Tag des folgenden Monats.
  • Ähnliche Konditionen bietet die Transdev Vertrieb GmbH, die Deutschland-Tickets unter Deutschlandticket.de verkauft. Die Zahlung erfolgt per Lastschrift oder Kreditkarte. Es werden ausschließlich Handytickets und Tickets per E-Mail als PDF ausgestellt, keine Chipkarte. Das Deutschlandticket gilt – falls gewünscht – sofort, also auch für den schon laufenden Monat. Die erste Abbuchung erfolgt am auf die Bestellung folgenden Freitag, danach immer zum 5. eines Monats.
    Schlägt eine Abbuchung fehl, wird das Abo von der Transdev umgehend gekündigt und kann nach ersten Erfahrungsberichten mit derselben Bankverbindung auch nicht wieder aufgenommen werden.

Wer bei der Deutschen Bahn wegen mangelnder Bonität abgelehnt wird, kann versuchen, bei den oben genannten Anbietern sein Ticket zu kaufen. Dieses ist bundesweit gültig, auch wenn der Käufer nicht im angestammten Tarifgebiet der BVG oder der Gesellschaften des Transdev-Verbundes wohnt.

Bei der Kontrolle im Zug muss dann lediglich statt des DB Navigators zum Beispiel die BVG-Ticket-App oder die Deutschlandticket.de-App geöffnet werden, um den QR-Code vorzuzeigen.

Armutsbetroffene werden bewusst ausgeschlossen

Die einfachste und naheliegendste Lösung des Bonitätsproblems bestünde darin, für diejenigen, die chronisch knapp bei Kasse sind (z. B. die 2,9 Mio. Studierenden), Monatskarten am Automaten anzubieten, also eine Vorauszahlung in bar zu ermöglichen – anonym und ohne Bonitätsprüfung.

Diese einfache und unkomplizierte Möglichkeit wird jedoch von keinem Verkehrsverbund angeboten und ist auch für die Zukunft nicht geplant. Obwohl das Prinzip „Monatskarte am Automaten“ beim 9-Euro-Ticket bereits eingeführt war und drei Monate lang millionenfach problemlos funktioniert hat.

Man muss davon ausgehen, dass die ärmeren Schichten der Bevölkerung bewusst von der Nutzung des Deutschland-Tickets ausgeschlossen werden sollen. Das Deutschland-Ticket ist daher keine Maßnahme der Sozialpolitik.

Unbestritten ist das D-Ticket aber ein wichtiger Schritt, den Tarifdschungel der Verkehrsverbünde zu lichten. In dieser Hinsicht kommt es der Zerschlagung des Gordischen Knotens gleich und kann gar nicht genug gelobt werden.

(Stand: 03.09.2023, wird ggf. weiter aktualisiert.)

Richard Schneider