Der 1954 gegründete Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke (VdÜ) ruft seine 1.390 Mitglieder und alle, die sich mit diesen solidarisieren möchten, zu einer Protestkundgebung am 11. September 2024 zwischen 9:00 und 10:00 Uhr in Köln auf.
„Womöglich schlechteste Vertragsbedingungen branchenweit“
Vor der Hauptversammlung der Aktionäre von Bastei Lübbe soll gegen die anhaltend niedrigen Honorare des Verlags demonstriert werden. In Übersetzerkreisen falle das Haus „schon seit Jahren sehr negativ mit den womöglich schlechtesten Vertragsbedingungen branchenweit auf“, wie es in einer Mitteilung des VdÜ heißt. Die Seitenhonorare lägen „teils weit unter denen anderer Publikumsverlage“.
Die Pressemitteilung im Worlaut:
Protestaktion bei Aktionärsversammlung von Bastei Lübbe
Am 11. September beginnt um 10 Uhr im MediaPark 7 in 50670 Köln die Hauptversammlung der Bastei Lübbe AG.
Bastei Lübbe ist ein Verlagskonzern, der in jüngster Zeit Schlagzeilen macht: Der Gewinn im Geschäftsjahr 2023/24 hat sich fast verdoppelt. Zugleich fällt Bastei Lübbe in Literaturübersetzer·innenkreisen schon seit Jahren sehr negativ mit den womöglich schlechtesten Vertragsbedingungen branchenweit auf.
Die Seitenhonorare liegen teils weit unter denen anderer Publikumsverlage, die auch schon kaum ein nachhaltiges Wirtschaften ermöglichen. Und selbst die höchstrichterlich festgestellten Mindestbeteiligungen am Umsatz und an den Lizenzerlösen werden in den Übersetzungsverträgen systematisch unterlaufen. In den allermeisten Fällen werden sie schlicht ausgehebelt:
Statt ab 5.000 verkauften Exemplaren zusätzlich zum Seitenhonorar eine Absatzbeteiligung zu zahlen, beteiligt Bastei Lübbe die Übersetzer·innen erst nach der Verrechnung des bereits gezahlten Seitenhonorars.
Damit Übersetzer·innen überhaupt in den Genuss einer Absatzbeteiligung kommen, muss sich ein Titel knapp 100.000mal verkaufen – und um als Erfolgsbeteiligung spürbar zu werden, deutlich häufiger. Da diese Verkaufszahlen von immer weniger Titeln erreicht werden, gehen die meisten Kolleg·innen leer aus.
Derweil erhielt allein der Vorstandsvorsitzende der Bastei Lübbe AG im Geschäftsjahr 2023/24 satte 502.000 € – und damit 34,3 % mehr als im Vorjahr. (Quelle: Vergütungsbericht für das Geschäftsjahr 2023/24) Die durchschnittliche Mitarbeitervergütung stieg im selben Zeitraum um 1,9 %.
Der VdÜ in ver.di ruft darum für den 11. September von 9 bis 10 Uhr zu einer Protestaktion vor dem Gebäude am MediaPark 7, 50670 Köln auf, bei der die Aktionär·innen über Missstände bei der Honorierung der Übersetzer·innen informiert werden sollen.
Übersetzer·innen sind Urheber·innen und bilden als solche die Grundlage für das Geschäftsmodell des Konzerns. Darum müssen sie besser honoriert werden!
Der Berufsverband der deutschsprachigen Literaturübersetzer·innen, VdÜ in ver.di, fordert von der Bastei Lübbe AG:
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- Eine Umsatzbeteiligung der Übersetzer·innen ab dem ersten verkauften Exemplar, die nicht auf das Grundhonorar angerechnet wird!
- Die Anwendung des zwischen VdÜ und dem Börsenverein des deutschen Buchhandels geschlossenen Normvertrags für den Abschluss von Übersetzungsverträgen!
- Seitenhonorare von mindestens 25 Euro, um die Inflation auszugleichen!
Von der Politik fordert der VdÜ:
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- Eine gesetzliche Festschreibung von Mindesthonoraren für Übersetzungen außerhalb des juristischen Bereichs analog zum JVEG!
- Eine Verlagsförderung für Kleinverlage, damit die Vielfalt der literarischen Landschaft erhalten bleibt, die nicht nur für Übersetzer·innen wichtig ist!
- Ein Verbandsklagerecht, damit Übersetzer·innen gegen Verstöße gegen das Urhebervertragsrecht vorgehen können, ohne fürchten zu müssen, dass sie auf einer Blacklist landen und ihren Lebensunterhalt verlieren!
Am 11. September soll die Hauptversammlung von Bastei Lübbe für den Vorstandsvorsitzenden eine Maximalvergütung von 1.650.000 € sowie eine Erhöhung der Dividende auf 30 Cent pro Aktie beschließen. Damit bekommen Aktionär·innen eine höhere Ausschüttung als diejenigen, die die wirtschaftlichen Grundlagen für den Verlagsbetrieb bereitstellen.
Das darf nicht sein!
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Protestort gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar
Der MediaPark ist über die S-Bahn-Haltestelle Hansaring problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Diese liegt nur eine Minute Fahrzeit vom Kölner Hauptbahnhof entfernt. Für Autofahrer: Die Tiefgarage des MediaParks verfügt über 2.500 Parkplätze.
Das Haus Nr. 7 ist das mittlere der im Halbkreis angeordneten Gebäude.
VdÜ ist Teil der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
Organisatorisch bildet der VdÜ zusammen mit dem Verband deutscher Schriftsteller (VDS) die Fachgruppe Literatur innerhalb der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).
Richard Schneider