Erste Plattdeutsch-Lehrkräfte erhalten C1-Zertifikate – Verbindliche Regelwerke für Schulen

Lehrkräfte für Plattdeutsch in Niedersachsen
Glückliche Gesichter nach der Übergabe der Zertifikate: Pr. Dr. Doreen Brandt (Uni Oldenburg), Peter Reinert (Kultusministerium Niedersachsen), Willi Zilz (GY Walsrode) Nele Ohlsen (KGS Hambergen), Anja Enninga (IGS Ihlow), Evelyn de Vries (RLSB Osnabrück), Dr. Franziska Buchmann (Uni Oldenburg). - Bild: Reinert

Mit zwei weiteren wichtigen Schritten etabliert das Land Niedersachsen die niederdeutsche Sprache auch an seinen Schulen:

  • An der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg haben die ersten drei Lehrkräfte erfolgreich ihre Sprachfeststellungsüberprüfung auf C1-Niveau in Niederdeutsch abgelegt und ihr entsprechendes Zertifikat erhalten.
  • Zudem gelten ab diesem Schuljahr (2024/2025) erstmals verbindliche Regeln für den Niederdeutschunterricht.

Kultusministerin Julia Willie Hamburg kommentiert:

Damit fördern und stärken wir das Sprachangebot und den Fachunterricht in Niederdeutsch an unseren Schulen ganz wesentlich und stärken zugleich die sprachkulturellen Besonderheiten in den vielfältigen niedersächsischen Regionen.

Ich gratuliere den drei ersten erfolgreichen Plattdeutschabsolventen – sie stehen auch für die vielen sehr engagierten Lehrkräfte, die sich an unseren Schulen und darüber hinaus für die niederdeutschen Sprachen einsetzen.

Umso wichtiger ist es, dass nun auch eindeutige Regeln zur Rechtschreibung im Niederdeutschunterricht und zur Bewertung von schriftlichen Prüfungen vorliegen. Gleichzeitig bleiben aber natürlich alle regionalen Varianten im mündlichen Unterricht erlaubt, denn: Ob prooten, küren oder snacken – Platt ist vielfältig.

Julia Willie Hamburg
Julia Willie Hamburg (Bündnis 90 / Die Grünen) ist Kultusministerin von Niedersachsen. – Bild: Sven Brauers

Vermutlich weltweit erste Lehrkräfte mit C1-Zertifikat

Nele Ohlsen (KGS Hambergen), Anja Enninga (Hermann-Tempel-Schule IGS Ihlow) und Wilfried Zilz (Gymnasium Walsrode) sind vermutlich die weltweit ersten Lehrkräfte mit einem Plattdeutsch-Sprachzertifikat auf C1-Prüfungs-Niveau. Dies entspricht der zweithöchsten Stufe des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER).

Dabei mussten sie ihre plattdeutschen Kenntnisse in einer 4-stündigen Vorbereitungs- und 35-minütigen Prüfungszeit unter Beweis stellen. Es galt, mithilfe hochdeutscher Fachliteratur und des Internets eine Unterrichtsreihe zum Thema „Niederdeutsche Namen“ zu konzipieren und eine Unterrichtsstunde dieser Reihe näher auszuarbeiten. Sie mussten also zeigen, dass sie die plattdeutsche Sprache in Schrift und Sprache beherrschen und ihre Ergebnisse in Form einer Power-Point-Präsentation vortragen.

Das Prüfungsteam der Universität in Oldenburg stellte hierzu fest: „Wir freuen uns ganz besonders, dass wir diesen wichtigen Schritt im Zuge der Implementierung des Schulfachs Niederdeutsch gemeinsam mit dem Niedersächsischen Kultusministerium und den Regionalen Landesämtern für Schule und Bildung vollzogen haben.“

Niederdeutsche Sprache auf hohem Niveau unterrichten, Kinder begeistern

Mit dem nun erworbenen Sprachzertifikat sollen die drei Lehrkräfte zum einen unter ihren Beraterkollegen der vier Regionalen Landesämter für Schule und Bildung (RLSB) als Multiplikatoren fungieren und weitere C1-Prüfungen abnehmen.

Zum anderen geht es langfristig darum, die niederdeutsche Sprache in den Schulen Niedersachsens auf hohem Niveau zu unterrichten und Kinder dafür zu begeistern.

Richtig Plattdüütsch schrieven un snacken: Regelwerke festgelegt

Dazu liegen ihnen inzwischen verpflichtende Schreibweisen für Plattdeutsch an Schulen und Prüfungsleistungen vor: für das ostfriesische Platt das Wörterbuch der Ostfriesischen Landschaft. Für das in weiten Teilen Niedersachsens gebräuchliche Nordniedersächsisch das Wörterbuch von Johannes Sass. Für die ostfälische Sprachvariante (unter anderem in Braunschweig und Göttingen) wird noch ein Standardwerk gesucht.

Erarbeitet wurden die Wörterbücher und Prüfungseinheiten mit Unterstützung der niedersächsischen Landschaftsverbände und vielen weiteren engagierten Menschen in Niedersachsen.

Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen

Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen (GER) befasst sich mit der Beurteilung von Fortschritten in den Lernerfolgen bezüglich einer Fremdsprache. Ziel ist, die verschiedenen europäischen Sprachzertifikate untereinander vergleichbar zu machen und einen Maßstab für den Erwerb von Sprachkenntnissen zu schaffen.

Insgesamt wird zwischen sechs verschiedenen Sprachniveaus unterschieden – von A 1 (niedrigstes Niveau) bis C 2.

Ulrich Schubert (Kultusministerium Niedersachsen)