
Vicco von Bülow zählt unter seinem Künstlernamen Loriot zu den bedeutendsten Humoristen Deutschlands. Er wirkt vor allem durch seine überkorrekte, preußisch-aristokratische Sprache.
Seine bekannten Knollennasenmännchen, Wendungen wie „Ach was“, „Moooment!“ oder geflügelte Worte wie „Früher war mehr Lametta“ sind Teil des kulturellen Gedächtnisses der Nation. Jeder Deutsche weiß, was man unter einem „Jodeldiplom“ zu verstehen hat.
Herausforderung Übersetzung
Nach unserem Kenntnisstand wurden Loriots Gesammelte Werke und andere Bücher nie übersetzt, die Fernsehsendungen und Filme nie synchronisiert. Eigentlich kein Wunder. Denn wer Ausdrücke wie „Sitzgruppe“, „Auslegeware“, „Fremdwanne“ oder „Jodelschnepfe“ treffend in andere Sprachen und Kulturkreise übertragen wollte, müsste einiges an Hirnakrobatik treiben.
Loriot agiert sprachlich auf dem Hochseil und bewegt sich überaus präzise in einem ganz bestimmten Sprachregister. Wenn da die „Auslegeware“ schlicht als „Teppichboden“ übersetzt werden würde, wäre der Witz perdu. „Mit Ihnen teilt meine Ente das Wasser nicht“ ist urkomisch. „Meine Ente teilt mit Ihnen nicht das Wasser“ ist hingegen völlig witzlos.
Ist Loriot zu deutsch? Sind seine Texte zu hochgestochen oder besser zu präzise und pedantisch ausformuliert (aber doch für jedermann verständlich), um angemessen übersetzt werden zu können? Versuche dürfte es im Lauf der Jahrzehnte durchaus gegeben haben, aber sie sind wohl alle gescheitert. Im britischen Guardian erschien 2011 nicht ohne Grund ein Artikel mit der Überschrift „Why Loriot gets lost in translation“.
Dreihundert Originalzeichnungen von Kindheit bis Spätwerk
Die jetzt in Oberhausen eröffnete Ausstellung rückt Loriot insbesondere als Künstler in den Fokus und präsentiert mehr als 300 originale Zeichnungen aus seiner Kindheit und Jugend bis zu seinem Spätwerk. Durch seine messerscharfe Beobachtungsgabe zielt Loriots Humor geradewegs auf das Selbstverständnis der kleinbürgerlichen Gesellschaft der 1950er bis 1980er Jahre und hält ihr den Spiegel vor.
Zahlreiche Werke – in Wort und Bild – entfalten eine ganz eigene Komik und werden so zu Zeugnissen feinster Gesellschaftskritik. Ob als Werbegrafiker oder als Kolumnist für die Zeitschriften Stern und Quick – seine Zeichenkunst hat durch ihren hohen Wiedererkennungswert bis heute einen ikonischen Charakter.
1985 Ausstellung in DDR
Ein Teil der Ausstellung setzt darüber hinaus den thematischen Schwerpunkt auf ein ganz besonderes Stück Zeitgeschichte: 1985 findet die erste Loriot-Ausstellung in der DDR statt und legt den Grundstein für Loriots fortwährende Verbindung zu seiner Geburtsstadt Brandenburg an der Havel.
Mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl gelingt es Gerda Arndt, Leiterin des Brandenburger Dommuseums, und Personen in ihrem Umkreis, die politisch brisante Präsentation eines in Westdeutschland wirkenden Künstlers an den staatlichen Stellen vorbei in die Wege zu leiten.
Zeichner, Trickfilmer, Schauspieler, Regisseur
Aber auch das Schaffen als Schriftsteller, Schauspieler und Regisseur wird in der Schau beleuchtet. Zu sehen sind Loriots Phasenzeichnungen für seine berühmten Zeichentrick-Cartoons wie „Herren im Bad“ sowie von ihm entworfene Opernbühnenmodelle und Drehbücher.
Szenenfotos legendärer Sketche wie „Die Nudel“ und seiner Spielfilme Ödipussi und Pappa ante portas vervollständigen die umfangreiche Werkschau und geben Einblick in die Genauigkeit und Akribie, mit der er sich jeder seiner Arbeiten widmet.
„Das Herstellen der Komik ist schwere Arbeit“, hat Loriot in einem Interview gesagt. Die Ausstellung lädt dazu ein, sich davon zu überzeugen.

Veranstaltungsprogramm zur Ausstellung
(1) „Mein Name ist Lohse, ich kaufe hier ein.“ – Loriot und die Komik im Film
Podiumsgespräch mit Gerrit Schmidt-Foß (Schauspieler des Dieter Lohse in Pappa ante portas, Synchronsprecher) und Dr. Stefan Neumann (Bergische Universität Wuppertal). Moderation: Dr. Sarah Hülsewig (Ludwiggalerie Schloss Oberhausen).
Sonntag, 23. Februar 2025, 15 Uhr, Eintritt frei.
(2) Loriot – Ein Meister der komischen Bildgeschichte
Vortrag von Prof. em. Dr. Dietrich Gründewald (Universität Koblenz-Landau).
Freitag, 21. März 2025, 18 Uhr, Eintritt frei.
(3) Pappa ante portas
Filmvorführung in der Lichtburg Oberhausen, Elsässer Str. 26, 46045 Oberhausen.
Sonntag, 30. März 2025, 12 Uhr, Eintritt frei.
(4) Cartoonworkshop: Von der Idee zum Cartoon
Witzbold-Diplom mit Michael Holtschulte (Cartoon-Zeichner) – da hat man was Eigenes.
Sonntag, 27. April 2025, 12–17 Uhr, Eintritt frei.
(5) „Erste Reihe Mitte, vier Plätze, drei Erwachsene und ein Riesenschnauzer“
Cartoonlesung mit Denis Metz, Cartoon-Zeichner und Herausgeber des Buchs Er lebe hoch! Loriot zum 100. Geburtstag.
Samstag, 17. Mai 2025, 15 Uhr, Eintritt frei.
Januar bis Mai in Ludwiggalerie Schloss Oberhausen
- Ach was. LORIOT – Künstler, Kritiker und Karikaturist
26. Januar bis 18. Mai 2025, Ludwiggalerie Schloss Oberhausen
Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags 11:00 bis 18:00 Uhr, montags geschlossen, feiertags geöffnet, Ostermontag und Pfingstmontag geöffnet.
Öffentliche Führungen jeden Sonn- und Feiertag um 11:30 Uhr. Führung durch die Kuratorin Dr. Sarah Hülsewig am 02.02.2025, 15:00 Uhr, 16.03.2025, 15:00 Uhr, 06.04.2025, 15:00 Uhr, 18.05.2025, 15:00 Uhr. Eintritt 12,00 Euro.
Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Caricatura Museum Frankfurt sowie dem Stadtmuseum Brandenburg an der Havel und wird gefördert von der Stadtsparkasse Oberhausen und dem Freundeskreis der Ludwiggalerie. Kulturpartner ist WDR 3.
Weiterführender Link
- 2011-08-25, The Guardian: Why Loriot gets lost in translation
PM Ludwiggalerie, Richard Schneider