
Wo in Europa wird Deutsch gesprochen? Welchen gesellschaftlichen Status hat die deutsche Sprache in Europa? Wie gestaltet sich der Kontakt mit anderen Sprachen? Und wie ist die Vitalität des Deutschen einzuschätzen? Der jetzt veröffentlichte Bericht der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Akademienunion gibt Antworten auf diese und weitere Fragen.
„Deutsch in Europa. Vielfalt, Sprachnormen und Sprachgebrauch“ – unter diesem Titel zeichnen 22 renommierte Sprachwissenschaftler ein facettenreiches Bild des Deutschen in Europa. Eröffnet wird der Sprachbericht mit 15 Länder-Steckbriefen, von Dänemark über Italien bis Russland. Sie informieren über die Stellung des Deutschen in den betreffenden Ländern, z.B. als Amts- oder Minderheitensprache.
Diesen prägnanten Darstellungen folgen länderübergreifende Themen zur Geschichte und gegenwärtigen Situation des Deutschen in Europa, so etwa zum Deutschunterricht in mehrsprachigen Konstellationen, zum Sprachkontakt und den Einstellungen zur deutschen Sprache oder zur Vitalität des Deutschen.
Der Bericht, der auch im Open Access verfügbar ist, richtet sich explizit an eine interessierte Leserschaft über Fachkreise hinaus. Ein umfangreicher Serviceteil weist auf Nachschlagewerke, Wörterbücher und Sprachkarten hin; eine eigens eingerichtete Wiki-Seite des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache Mannheim hält (Ton-)Beispiele bereit.
Christa Dürscheid (Universität Zürich), Projektleiterin des Vierten Sprachberichts:
Unser Sprachbericht zeigt: Das Deutsche ist eine Sprache, die auch außerhalb Deutschlands in ihrem aktuellen Sprachgebrauch äußerst vielgestaltig und variantenreich ist. Das bundesdeutsche Deutsch ist nur ein Mosaikstein im Ganzen. Das Bewusstsein für diese Vielfalt zu schärfen, ist ein erklärtes Ziel des Berichts.
Rita Franceschini (Universität Bozen), Projektleiterin des Vierten Sprachberichts:
Während das Deutsche in den Kernländern (Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein) seine institutionell gefestigte Rolle mit Integrationskraft behält, sieht es in den Sprachinsel-Gebieten, u. a. in Polen, Russland, Tschechien, Ukraine, doch etwas anders aus. Dies ist ein wichtiger Punkt, wenn über die künftige Rolle des Deutschen in Europa nachgedacht wird.
Ingo Schulze, Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung:
Der Bericht blickt über die Grenzen Deutschlands hinaus, um ein Bewusstsein für die Vielfalt der deutschen Sprache zu schaffen und damit selbstredend auch für historische Entwicklungen. Auf dieses Wissen können und wollen wir gerade heute nicht verzichten, da überall wieder alte und neue Grenzen errichtet werden. Auch deshalb hoffen wir, dass dieser Band national wie international die ihm gebührende Aufmerksamkeit finden wird.
Christoph Markschies, Präsident der Akademienunion:
Diesen Band möchte ich allen denen in die Hand drücken, die mit trauriger Miene den Bedeutungsverlust der deutschen Sprache in Europa beklagen: Ländersteckbriefe zeigen, dass im Norden wie Süden, im Osten wie im Westen nach wie vor deutschsprachige Gemeinschaften existieren und dort ein reichliches kulturelles Leben mit ganz und gar eigenständigen Zügen gepflegt wird.
Solche Gemeinschaften bauen Brücken, oft nach schwierigen Zeiten im 19. und 20. Jahrhundert. Vielleicht kann der Band auch einfach neue Kontakte anregen, bis hin zu neuen Zielen bei Reisen in andere Regionen Europas.

Sprachberichte werden seit 2013 erstellt
Mit den Berichten zur Lage der deutschen Sprache beteiligen sich die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung und die Akademienunion seit 2013 gemeinsam wissenschaftsbasiert an der aktuellen Diskussion zur Entwicklung der deutschen Sprache.
Der erste Bericht erschien 2013 unter dem Titel „Reichtum und Armut der deutschen Sprache“, der zweite Bericht 2017 zum Thema „Vielfalt und Einheit“ der deutschen Sprache, der dritte Bericht 2021 nahm das Thema „Die Sprache in den Schulen – Eine Sprache im Werden“ in den Blick.
„Deutsch in Europa. Vielfalt, Sprachnormen und Sprachgebrauch. Vierter Bericht zur Lage der deutschen Sprache“ erscheint gedruckt im Narr Francke Attempto Verlag, ist aber auch online im Open Access verfügbar.
Die Publikation wurde gefördert von der Ernst-Göhner-Stiftung, ID Berlin und der Universitätsbibliothek Zürich.
Weiterführender Link
- „Vierter Bericht zur Lage der deutschen Sprache“ als PDF herunterladen (412 Seiten)
PM DAfSD