Atlas der vom Aussterben bedrohten Sprachen in Köln vorgestellt

Stefan Schnell
Dr. Stefan Schnell stellte einzelne gefährdete Sprachen vor, wie etwa das von ihm eingehend untersuchte Vera'a, das er auch spricht. - Bild: Richard Schneider

Mehr als 50 Interessierte waren am 30. März 2025 nach Köln gekommen, wo die an der Universität zu Köln angesiedelte Gesellschaft für bedrohte Sprachen (GBS) der Öffentlichkeit den Atlas der vom Aussterben bedrohten Sprachen vorstellte.

Die Initiative für das Projekt ging vom Journalisten Arnfrid Schenk aus, der in Hamburg im Ressort Wissen der Zeit arbeitet. Auf der Suche nach Experten für das Thema sprach er die GBS an, die wiederum den Kontakt zu Dr. Stefan Schnell herstellte. Schnell forscht am Institut für interdisziplinäre Sprachevolutionswissenschaft der Universität Zürich.

Nach einer fundierten Einführung ins Thema und der Vorstellung des Buchprojekts durch Dr. Katharina Haude von der GBS präsentierten Schenk und Schnell ihr soeben im DuMont-Verlag erschienenes Gemeinschaftswerk.

Katharina Haude
Dr. Katharina Haude vom Institut für Linguistik der Universität zu Köln ist Schriftführererin der Gesellschaft für bedrohte Sprachen. Sie hat eine Indio-Sprache in Bolivien dokumentiert, das Movima. – Bild: Richard Schneider

Das Sprachensterben sei, so die Autoren, erst Anfang der 1990er Jahre als Problem erkannt worden. Im Verlauf der Menschheitsgeschichte seien Hunderttausende von Sprachen entstanden und wieder verschwunden. Der derzeitige Bestand an lebenden Sprachen belaufe sich auf mehr als 7.000, von denen mehr als die Hälfte bedroht seien. Über eine Schrift verfügen nur wenige Hundert Sprachen.

An ausgewählten Einzelsprachen wurde aufgezeigt, wie unterschiedlich Sprachen aufgebaut sind. So verfügt East Taa über 33 verschiedene Wörter für Gerüche und Bora lässt sich auch mit zwei Trommeln übermitteln.

Was geht verloren, wenn Sprachen für immer verstummen? Sprachliche Strukturen, Perspektiven auf die Welt und auch Wissen, zum Beispiel das über Heilpflanzen.

Arnfrid Schenk
Arnfrid Schenk hat Politik und Islamwissenschaften studiert. Er verbrachte ein Auslandssemester in Kairo. – Bild: Richard Schneider

Dargestellt wurde auch, welche Faktoren zu einem schleichenden Aussterben führen können.

Wobei es allerdings auch Sprachen gibt, bei denen sich die Entwicklung wieder zum Positiven gewendet hat. Ein Beispiel dafür sind das Bretonische und Färöisch, die als gefährdet galten, heute aber wieder steigende Sprecherzahlen vorweisen können.

Atlas bedrohte Sprachen
Entspannte Kleinkunstbühnen-Atmosphäre bei der Buch-Vernissage. – Bild: Richard Schneider

Im Anschluss an den Vortrag wurde mit Sekt der erfolgreiche Abschluss des Buchprojekts gefeiert.

Wer wollte, konnte im Foyer das Gespräch mit den Autoren und der Gesellschaft für bedrohte Sprachen suchen und das großformatige, 224 Seiten starke Buch für 34,00 Euro erwerben.

Ein gelungener Abend, der gleichermaßen lehrreich wie kurzweilig war.

Die Wohngemeinschaft Köln
Vorgestellt wurde das Buch im Theaterraum der „Wohngemeinschaft“ im Belgischen Viertel Kölns. – Bild: Richard Schneider
Atlas der vom Aussterben bedrohten Sprachen
Bild: DuMont

Mehr zum Thema

Weiterführender Link

Richard Schneider

Amazon