Delfin 4: Kinderarmut für Sprachdefizite verantwortlich

Delfin 4 ist ein Akronym. Es steht für Diagnostik, Elternarbeit, Förderung der Sprachkompetenz In Nordrhein-Westfalen bei 4-Jährigen. Dabei handelt es sich um einen verbindlichen Sprachtest, der im Februar 2004 präsentiert wurde und seit März 2007 in Nordrhein-Westfalen vorgeschrieben ist. Entwickelt wurde die Methodik von der Pädagogin Prof. Dr. Lilian Fried an der Technischen Universität Dortmund. Erfasst werden sowohl Kinder in Tageseinrichtung als auch Kinder, die diese nicht besuchen. Delfin 4 setzt an der wissenschaftlichen Erkenntnis an, dass Kinder in diesem Alter die wesentlichen Phasen des Spracherwerbs durchlaufen haben. Auf spielerische Weise wird bei dem zweistufigen Verfahren die Sprachkompetenz und damit schließlich die Schulfähigkeit von Kindern zwei Jahre vor der Einschulung überprüft. Phase 1 steht unter dem Motto „Besuch im Zoo“ und ähnelt dem Gesellschaftsspiel „Mensch ärgere dich nicht“. Hierbei wird in etwa 25 Minuten der Sprachstand der Kinder in Vierergruppen getestet. Das Ziel ist es, sprachlich auffällige Vierjährige festzustellen. Die Aufgabentypen sehen wie folgt aus:

1. Morpho-Syntax: Sätze nachsprechen
2. Lexik-Semantik: Handlungsanweisungen ausführen
3. Metasprache/Arbeitsgedächtnis: Kunstwörter nachsprechen
4. Pragmatik: Erzählen einer Bildergeschichte

Die Erzieherinnen dokumentieren die Ergebnisse und entscheiden anschließend, ob ein Kind in der Stufe 2 (Besuch im Pfiffikus-Haus) weiter und einzeln untersucht werden. Hier ist nun das Ziel, förderbedürftige Kinder festzustellen.
In dieser Phase sind die Aufgabentypen Folgende:

1. Phonologische Sensitivität: Arbeitsgedächtnis, Reime, Silben
2. Lexik/Semantik: Wörter produzieren, verstehen, Oberbegriffe
3. Morpho-Syntax: Sätze nachsprechen, Pluralbildung (sinnvolle/-freie), W-Fragen
4. Narration: Nacherzählen einer Bildergeschichte

Sind Defizite vorhanden, ist eine weitere, verbindlich Sprachförderung vorgesehen. Pro Kind und Jahr werden dafür 340 Euro zur Verfügung gestellt. Die Förderung findet in Kindertagesstätten statt.

Im Februar 2010 ist Delfin 4 auch in Sachsen-Anhalt gestartet. Dort wird der Sprachtest kontrovers diskutiert.

Nun hat die Stadt Köln die Zahlen der „Delfin“-Erhebung veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen Unterschiede zwischen armen und reichen Stadtteilen. Fast 30 % der Kölner Vierjährigen haben einen Förderbedarf. In den Jahren 2009 und 2010 wurden insgesamt 18.500 Kinder in Kindertagesstätten von Grundschullehrern begutachtet. Hierbei fällt der Zusammenhang zwischen der sozialen Lage von Familien und den Bildungschancen ihrer Kinder deutlich auf. Insbesondere Kinder, die in Hartz-IV-Familien aufwachsen, haben große Probleme, sich auszudrücken. In Stadtteilen, in denen der Anteil der Kleinkinder in Hartz-IV-Familien mehr als ein Drittel beträgt, müssen 40 bzw. 64 % am Sprachförderunterricht teilnehmen.

40 % der geförderten Kinder stammen aus Familien, in denen nicht Deutsch gesprochen wird. Allerdings bedeutet Deutsch als Familiensprache nicht zwangsläufig, dass die Kinder über ausreichende Sprachkompetenzen verfügen: 21 % der Vierjährigen aus Familien, in denen überwiegend Deutsch gesprochen wird, zeigten bei dem „Delfin“-Test Defizite. 29 % der Kinder, die zweisprachig aufwachsen, benötigen eine Sprachförderung.

Somit „[begünstigen] gerade schwierige soziale Verhältnisse Sprachdefizite“, so der Bericht. Der Migrationshintergrund und die Familiensprache seien dennoch nicht allein schuld an der höheren Sprachförderquote. Experten zufolge „[sind die Sprachprobleme] primär auf die soziale Herkunft der Familie zurückzuführen“. Dies bedeutet, dass es in den Familien an Kommunikation, Abwechslung und Herausforderung fehlt und die Kinder ihre Freizeit hauptsächlich mit Fernsehen und Computer- bzw. Playstation-Spielen verbringen.

Um die Kinder zu fordern und zu fördern, wird die Erweiterung des mehrsprachigen Angebots empfohlen, weil Kinder mit Migrationshintergrund meist schnell der deutschen Sprache mächtig werden, auch wenn zu Hause kein Deutsch gesprochen wird.

[Text: Jessica Antosik. Quelle: ukaachen.de; ksta.de, 03.05.2011: wikipedia.de. Bild: mfkjks.nrw.de.]