Ab dem 1. Juli müssen in Dänemark Patienten, die zum Arzt gehen, kein Dänisch sprechen oder lediglich schlechte Kenntnisse der dänischen Sprache haben und einen Dolmetscher verlangen, 150 Kronen zahlen. Von dieser Regelung sind allerdings drei Gruppen nicht betroffen: Die Grönländer, Färinger und Mitglieder der Deutschen Minderheit in Nordschleswig. Der Innen- und Gesundheitsminister Bertel Haarder sagte am 03. Mai 2011 gegenüber der dänischen Nachrichtenagentur Ritzaus Bureau des Weiteren, dass die Ausnahmeregelung ebenfalls für Personen unter 18 Jahren sowie für Patienten, die keine Möglichkeit gehabt haben, entsprechende Dänischkenntnisse zu erwerben, gilt.
Nun stellt sich die Frage, wie die Behörden nachvollziehen sollen, ob ein Patient zur Deutschen Minderheit gehört. Die Nationalität der Grönländer und Färinger steht in ihrem Pass. Seit den Bonn-Kopenhagener Erklärungen im Jahre 1955, die die Anerkennung der Minderheit im jeweiligen Staat, d. h. der dänischen Minderheit in Deutschland und der deutschen Minderheit in Dänemark bestätigten, ist die Gesinnung jedoch frei. Theoretisch könnte sich also ein Einwanderer darauf stützen, Teil der Deutschen Minderheit zu sein und auf diese Weise 150 Kronen sparen. Das Ministerium äußerte sich dazu wie folgt:
Nach den Kopenhagen-Bonner Erklärungen zu den Rechten der Minderheiten im dänisch-deutschen Grenzland können die Behörden keine Gesinnungskontrolle bei den Mitgliedern der Minderheiten durchführen. Das bedeutet in der Praxis, dass wenn eine deutschsprechende Person sagt, dass sie Mitglied der Deutschen Minderheit ist, die betreffende Person dieses dann ist. Dies kann nach obengenannten Erklärungen nicht überprüft werden. Soweit es die Erhebung von Dolmetschergebühren belangt, hat man in der Bekanntmachung Rücksicht darauf genommen, dass ein Mitglied der Deutschen Minderheit möglicherweise z. B. in einem Krankenhaus außerhalb Nordschleswigs behandelt werden muss. Man sondiert somit nicht danach, wo in Dänemark ein Mitglied der Deutschen Minderheit sich nach dem Gesundheitsgesetz behandeln lässt. Die Behandlung kann also geschehen, ohne dass dem Mitglied der Deutschen Minderheit eine Dolmetschergebühr abverlangt wird.
Die zweite Vorsitzende des Sozialdienstes für Nordschleswig Emma Ganderup macht darauf aufmerksam, dass die Familienberaterinnen während der persönlichen Betreuung des Sozialdienstes für neu zugezogene Deutsche oftmals Dolmetscherfunktionen übernehmen und sowohl beim Arzt, bei den Gemeinden und Kommunen die Äußerungen der Personen ins Dänische übertragen.
Über Nordschleswig
Nordschleswig war ein Teil des Herzogtums Schleswig. Nach den Volksabstimmungen von 1920 wurde dieser Teil Schleswigs an das Königreich Dänemark übergeben. Nordschleswig erstreckt sich von der deutsch-dänischen Grenze bis an die Kongeå, im Westen bis Ribe und im Osten bis an den Kleinen Belt südlich von Kolding. Es leben dort rund 250.000 Menschen. Die deutsche Minderheit, die sich selbst als deutsche Volksgruppe bzw. deutsche Nordschleswiger bezeichnet, macht dabei heute etwa 8 bis 10 Prozent der Bevölkerung aus. Neben Dänisch und Südjütisch (Sønderjysk) wird in Nordschleswig Deutsch gesprochen.
[Text: Jessica Antosik. Quelle: nordschleswiger.dk, 04.05.2011. Bilder: Archiv; wikipedia.de.]