Deutsch-Italienischer Übersetzerpreis 2024 für Annette Kopetzki, Karin Krieger, Moritz Rauchhaus

Deutsch-italienischer Übersetzerpreis 2024
Annette Kopetzki (rechts) wurde für ihre Übersetzung von Stefano Massinis Roman „Die Lehman Brothers“ ausgezeichnet. - Bild: BKM

In der italienischen Botschaft in Berlin fand am 13. Juni 2024 die Verleihung des seit 2008 alle zwei Jahre vergebenen Deutsch-Italienischen Übersetzerpreises statt (Premio Italo-Tedesco per la Traduzione).

Der italienische Kulturminister Gennaro Sangiuliano und Staatsministerin Claudia Roth zeichneten in einer Feierstunde drei Übersetzer aus dem Italienischen für herausragende literarische Übersetzungsleistungen aus:

  • Annette Kopetzki erhält 10.000 Euro für die beste Übersetzung,
  • Karin Krieger wird für ihr übersetzerisches Lebenswerk mit 10.000 Euro geehrt und
  • Dr. Moritz Rauchhaus erhält den Förderpreis, der mit 2.500 Euro und einem Aufenthalt in der Villa Massimo in Rom dotiert ist.

Der „Swing“ von Annette Kopetzki

Annette Kopetzki erhält den Hauptpreis für ihre Übersetzung von Stefano Massinis Roman Die Lehman Brothers, der 2022 im Hanser-Verlag erschienen ist.

Aus der Begründung der Jury:

Schwungvoll, farbenprächtig und betörend, so kommt Annette Kopetzkis Übersetzung von Stefano Massinis zeitgenössischem Epos Die Lehman Brothers daher. Lexikalisch einfallsreich und rhythmisch virtuos bildet Kopetzki die Versform des Originals nach und folgt den Sprachbewegungen mit großer Musikalität. Lapidare Beschreibungen wechseln mit pointierter wörtlicher Rede, biblisches Pathos wird mit düsterem Witz kontrastiert.

Das von ihr erstellte Glossar der hebräischen und jiddischen Begriffe bezeugt die Souveränität, mit der Kopetzki der Vielfalt der Sprachschichten gerecht geworden ist. Dass der auf 850 Seiten dargebotene Aufstieg und Fall einer Dynastie federleicht wirkt, liegt am Swing von Annette Kopetzki.

Deutsch-italienischer Übersetzerpreis 2024
Karin Krieger freut sich über 10.000 Euro für ihr drei Jahrzehnte umspannendes Lebenswerk. – Bild: Tobias Bohm für LCB

Kriegers Lebenswerk umfasst 30 Jahre

Karin Krieger wird mit dem Preis für ihr Lebenswerk geehrt. Dazu schreibt die Jury:

Seit dreißig Jahren legt Karin Krieger Übersetzungen von eindrucksvoller Qualität vor. Ihr breit gefächertes Werk bietet einen Querschnitt der modernen italienischen Literatur von Alessandro Baricco, Andrea Camilleri, Giorgio Fontana, Alba de Céspedes, Elena Ferrante, Margaret Mazzantini bis zu Claudio Magris und Ugo Riccarelli.

Deutsch-italienischer Übersetzerpreis 2024
Nachwuchsübersetzer Dr. Moritz Rauchhaus erhält ein Aufenthaltsstipendium für die Villa Massimo in Rom. – Bild: BKM

Nachwuchstalent Moritz Rauchhaus

Dr. Moritz Rauchhaus wird für seine beeindruckende Übersetzung von Boccaccios Büchlein zum Lobe Dantes mit dem Nachwuchspreis ausgezeichnet, der mit einem Aufenthalt in der Villa Massimo in Rom verbunden ist. Er arbeitet im Brotberuf als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Romanistik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Deutsch-italienischer Übersetzerpreis 2024, Umbenennung
Der Deutsch-Italienische Übersetzerpreis heißt jetzt zumindest auf dem Papier Mazzucchetti-Gschwend-Übersetzungspreis. Da sich das niemand merken kann, dürfte die Auszeichnung in der Branche weiterhin als das bezeichnet werden, was sie ist: ein Deutsch-Italienischer Übersetzerpreis. – Bild: LCB

Preis umbenannt, um „große Bedeutung von Frauen“ hervorzuheben

Die diesjährige Verleihung geht mit der Umbenennung des Deutsch-Italienischen Übersetzerpreises einher, der nun offiziell „Mazzucchetti-Gschwend-Übersetzungspreis“ heißt.

Eine nichtssagende Bezeichnung, schwierig zu schreiben, schwierig auszusprechen und schwierig zu merken. Das war keine gute Idee, da schon so viele Übersetzerpreise unmögliche, viel zu lange Namen tragen. Das schlichte „Deutsch-italienischer Übersetzerpreis“ war da eine rühmliche Ausnahme.

Namensgeber sind Lavinia Mazzucchetti (1889-1965) und Ragni Maria Gschwend (1935-2021). Diese beiden Übersetzerinnen seien „als große Stilistinnen wie auch als engagierte Anwältinnen der deutschen bzw. der italienischen Literatur prägend“ gewesen, heißt es zur Begründung.

Mag sein, aber das ist kein Grund, eine eingeführte und glasklare Bezeichnung wie „Deutsch-Italienischer Übersetzerpreis“ über Bord zu werfen. Der grünen Kulturstaatsministerin Claudia Roth scheint das jedoch wichtig zu sein:

Die Umbenennung des Preises betont die große Bedeutung von Frauen in der Übersetzungskunst und würdigt das außergewöhnliche Lebenswerk zweier herausragender literarischer Persönlichkeiten, Ragni Maria Gschwend und Lavinia Mazzucchetti. Ihre Arbeit bleibt ein Vorbild und eine Inspiration für zukünftige Generationen.

Allerdings stellt sich die Frage, ob man „die große Bedeutung von Frauen“ in einer Branche hervorheben muss, die zu drei Vierteln aus Frauen besteht und von diesen dominiert wird? Wäre es nicht wichtiger, junge Männer in Schule und Studium zu ermutigen, ihre Leidenschaft für Fremdsprachen zum Beruf zu machen?

Italien 2024 Ehrengast der Frankfurter Buchmesse

Der parteilose italienische Kulturminister Gennaro Sangiuliano, in einem früheren Leben als Journalist und Sachbuchautor unterwegs, verwies bei der Gelegenheit auf die Gastland-Rolle seines Landes bei der diesjährigen Frankfurter Buchmesse:

Im Jahr der Teilnahme Italiens an der Frankfurter Buchmesse als Gastland freue ich mich, dass der Mazzucchetti-Gschwend-Übersetzungspreis an drei angesehene Fachleute verliehen wird, die dem deutschen Publikum italienische literarische Werke bekannt gemacht haben.

Übersetzerinnen und Übersetzer erfüllen eine wesentliche gesellschaftliche Funktion: Sie begleiten die Leserinnen und Leser bei der Entdeckung von Teilstücken der kulturellen Identität einer anderen Nation.

Deutsch-italienischer Übersetzerpreis 2024
Das offizielle Gruppenbild: Botschafter Armando Varricchio, Claudia Roth, Karin Krieger, Annette Kopetzki, Kulturminister Gennaro Sangiuliano, Moritz Rauchhaus, Maria Carolina Foi (Italienisches Kulturinstitut Berlin), Juryvorsitzende Maike Albath. – Bild: Tobias Bohm für LCB

Sechsköpfige Jury

Die Auswahl der Preisträger erfolgte durch eine Fachjury, in der Maike Albath (Juryvorsitzende), Florian Höllerer, Verena von Koskull, Adrian LaSalvia, Lothar Müller und Irina Rajewsky zusammenarbeiteten.

Auszeichnung wird abwechselnd in Deutschland und Italien vergeben

Der Deutsch-Italienische Übersetzerpreis wird seit 2008 alle zwei Jahre abwechselnd in Rom und Berlin gemeinsam von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und dem italienischen Ministerium für Kultur vergeben. In Berlin werden Übersetzer aus dem Italienischen, in Rom Übersetzer aus dem Deutschen ausgezeichnet.

In den dazwischenliegenden Jahren werden mehrtägige Übersetzertreffen in Deutschland und Italien organisiert, die dem fachlichen und persönlichen Austausch der Sprach- und Kulturmittler dienen.

Kooperationspartner des Preises sind das Literarische Colloquium Berlin, die Villa Massimo in Rom, das Goethe-Institut Rom und die Italienische Botschaft in Berlin in Zusammenarbeit mit dem lokalen Italienischen Kulturinstitut.

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Richard Schneider