Ein Konkursrichter hat das Aus für das belgische Sprachtechnologie-Unternehmen Lernout & Hauspie besiegelt. Es fand sich bis zuletzt niemand, der das Unternehmen übernehmen wollte. Die Schulden bei den Banken belaufen sich auf 470 Millionen Euro.
Die Gründer des Unternehmens, Jo Lernout und Pol Hauspie, waren Ende April 2001 auf einer außerordentlichen Aktionärsversammlung verhaftet worden. Ihnen wird das Verschweigen wichtiger Informationen und eine Mitschuld an der Finanzlage der Firma zur Last gelegt.
Seit November 2000 stand das Unternehmen in den USA und seit Januar 2001 auch in Belgien unter Gläubigerschutz.
Bilanzfälschungen, Betrug und Kursmanipulationen – vor allem in der koreanischen Niederlassung – hatten L&H ab Sommer 2000 in Schwierigkeiten gebracht. Und auch die einst euphorisch gepriesene Software hielt kaum das, was die Branche erwartete.
Das Unternehmen beschäftigte in seiner besten Zeit weltweit 5.000 fest angestellte Mitarbeiter sowie 5.000 Freiberufler (Computerexperten, Linguisten und Übersetzer). Zuletzt waren nur noch 260 Menschen bei L&H in Belgien angestellt.
Microsoft hatte 45 Millionen USD in Lernout & Hauspie investiert und gemeinsame Entwicklungsarbeiten betrieben.
Vor 14 Jahren hatten Lernout und Hauspie ihr Unternehmen im westflandrischen Städtchen Ypern gegründet. Mit Hilfe belgischer Fördergelder stampften sie ein kleines Silicon Valley der Sprachtechnologie aus dem Boden.
Stets traten sie als Berufs-Visionäre auf. „In wenigen Jahren werden wir menschliche Gespräche innerhalb von Sekunden in Schrift umsetzen können“, schwärmte der ehemalige Biologielehrer Lernout, wo immer er auftauchte.
[Richard Schneider. Quelle: Financial Times Deutschland, Computerchannel.de, Wirtschaftswoche, VDI nachrichten. Bild: L&H, De Standard.]