FAZ wirft das Handtuch – Ab Januar 2007 Umstellung auf aktuelle Rechtschreibung

Lange haben sie gewartet, die Rebellen in der Frankfurter Hellerhofstraße. So lange, bis sich niemand mehr für das Thema interessierte. Und so war das Medienecho äußerst gering, als es am 2. Dezember 2006 hieß: „Die Frankfurter Allgemeine Zeitung und FAZ.NET werden ihre Rechtschreibung zum 1. Januar 2007 den in den Schulen gebräuchlichen Schreibweisen weitgehend anpassen.“ Im Klartext: Die FAZ stellt mit achtjähriger Verspätung endgültig auf die neue Rechtschreibung um.

Zur Begründung heißt es: „Dieser Schritt dient der Einheitlichkeit der Rechtschreibung. Er wurde möglich, weil Einwände der Reformgegner im reformierten Regelwerk [vom März 2006] berücksichtigt wurden.“

Allerdings wollen die Frankfurter „nach Möglichkeit die wieder zugelassenen Schreibweisen der bewährten Rechtschreibung verwenden“. Interessant ist, dass sich das FAZ-Korrektorat künftig nach dem Wahrig und nicht mehr nach dem Duden richten will: „In zahlreichen Fällen nennen die Wörterbücher mehrere zulässige Varianten, wobei die Redaktion des Wahrig in der Regel die bewährten Schreibweisen empfiehlt, während die Duden-Redaktion entgegen den Empfehlungen des Rates für Rechtschreibung überwiegend der reformierten Schreibweise den Vorzug gibt. In Zweifelsfällen werden sich die F.A.Z. und FAZ.NET deshalb künftig vor allem an Wahrigs Wörterbuch Die deutsche Rechtschreibung orientieren.“

Die im August 1998 durchgeführte Rechtschreibreform wurde von den Medien ein Jahr später umgesetzt. Die FAZ konnte sich mit den neuen Regelungen nicht anfreunden und kehrte 2000 wieder zur alten Orthografie zurück. Vier Jahre später folgten die meisten Publikationen des Springer Verlags diesem Beispiel und erschienen von Oktober 2004 bis August 2006 auf Befehl des Verlagschefs Dr. Mathias Döpfner, einem studierten Germanisten, in alter Rechtschreibung – nachdem sie vorher bereits fünf Jahre lang problemlos die neue verwendet hatten.

Der Spiegel kündigte ebenfalls eine Rolle rückwärts an, setzte diese jedoch nie in die Tat um. Die Süddeutsche Zeitung sympathisierte mit den Rebellen, kehrte aber ebenfalls nicht zur alten Rechtschreibung zurück, sondern zieht bei Wahlmöglichkeiten die konservative Variante vor. Nach dem Einlenken der FAZ erscheinen jetzt nur noch einige rechtsradikale Postillen in veralteter Rechtschreibung.

„Endlich Ruhe an der Rechtschreibfront“, seufzt erleichtert die Hessische/Niedersächsische Allgemeine. Und die linke tageszeitung (taz) kommentiert: Das „kleine, aber mächtige Häuflein“ aus FAZ und Bundesgenossen habe vor sechs Jahren „zum heiligen Krieg gegen die Reformketzer“ aufgerufen. Die „priesterlichen Pedanten ,der bewährten Schreibweise’“ hätten dabei verkannt, dass die Reform „viel Blödsinn und Willkür“ beseitigt habe und auch von den meisten Lehrern begrüßt werde. „Im Eifer gegen die Rechtschreibreform war ihnen keine Lappalie zu klein und kein Schwachpunkt der Reform zu winzig, um sie nicht mit verbalen Granaten zu bekämpfen“, so das in Berlin erscheinende Blatt.

[Text: Richard Schneider. Quelle: FAZ, 2006-12-02; taz, 2006-12-04.]