
Einzelübersetzer wissen, dass das Übersetzen im stillen Kämmerlein zur Vereinsamung führen kann. Einer der einflussreichsten Übersetzer der Weltgeschichte, Martin Luther (1483-1546), wies bereits darauf hin, dass diese Arbeitsweise auch für die Textqualität schädlich ist: „Dolmetscher oder Übersetzer sollen nicht allein sein, denn einem Einzelnen fallen die guten und richtigen Wörter nicht immer ein.“ Ein frühes Plädoyer für das Vier-Augen-Prinzip.
Der Kommentar zur Evangelienauslegung in voller Länge:
Auch beim Dolmetschen soll man nicht allein sein.
Hieronymus hat für seine Person (im Dolmetschen) genug getan. Kein Einzelner hätte so viel ausrichten können wie er. Wenn er aber noch einen oder den andern zu sich genommen hätte, so wäre der Heilige Geist ihnen beigestanden nach dem Wort: wo zwei oder drei beisammen sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen. Dolmetscher oder Übersetzer sollen nicht allein sein, denn einem Einzelnen fallen die guten und richtigen Wörter nicht immer ein.
Zitiert nach: Erwin Mülhaupt: Luthers Evangelienauslegung. Vandenhoeck & Ruprecht, 1973. Band 2, Seite 620. Online einsehbar bei Google Bücher.
Richard Schneider