TMS, TBX, SRX, GMX, XLIFF: Standards und Übersetzungen

Das Stichwort „Interoperability“ wird in Verbindung mit Standards oft verwendet. In der Tat hat im letzten Jahrzehnt die Anzahl der Systeme und Lösungen für die verschiedenen Phasen des Übersetzungsprozesses stark zugenommen. Das ist zu begrüßen, denn „Konkurrenz belebt das Geschäft“. Dadurch entstehen Produkte und Funktionalitäten, die sich gegenseitig befruchten und die gesamte Übersetzungsbranche nach vorne bringen.

Solange 2 bis 3 große Anbieter den Markt unter sich teilten, war das Thema „Standardisierung“ weniger akut als heute. Inzwischen ist die Produktionskette für Übersetzungen größer und internationaler geworden. Der eine Übersetzer wohnt vielleicht in einem Land mit relativ niedrigem Einkommen und hat nicht die Möglichkeit, sich zwei oder drei Übersetzungssysteme zu leisten. In einem anderen Fall setzt ein Unternehmen ein Translation Memory System (TMS) ein, aber der Dienstleister, der für das Projekt fachlich und preislich die bessere Lösung wäre, verwendet sein eigenes System.

Diese Situation kommt in der Praxis regelmäßig vor. Sie führt in solchen Fällen dazu, dass das benutzte Übersetzungssystem und nicht die Eignung des Übersetzers für ein bestimmtes Thema für die Übersetzerauswahl maßgeblich ist. Dieser Zustand verstößt gegen die Qualitätsnorm DIN EN 15038, die die Auswahl des Übersetzers nach fachlichen Kriterien vorgibt.

Entwickler komplexer Softwareprodukte wie TMS haben durchaus das Know-how, die Interoperabilität der Systeme herzustellen. Die Entscheidung eines Herstellers gegen den freien Austausch hat etwas mit seinem Geschäftsmodell zu tun. Bei einem solchen Konzept soll eine Art geschlossenes „Übersetzungsbiotop“ aufgebaut werden, damit alle, die an der Übersetzungskette beteiligt sind, ihre aufeinander fein abgestimmten Abläufe ohne Verluste umsetzen können. Alternativ oder ergänzend kann es auch darum gehen, den Kunden durch die Geschlossenheit der Datenformate langfristig an sich zu binden.

Um welche Standards geht es hier vordergründig? In der Übersetzungsbranche sind folgende Standards verbreitet, die alle auf XML basieren:

TMX: Standard für den Austausch von Translation Memories. Beinahe alle Anbieter von Übersetzungstechnologien unterstützen diesen Standard.
XLIFF, Version 1.2 (XML Localisation Interchange File Format): Seit 2002 Standard für den Austausch von Übersetzungsprojekten. Mehrere, aber nicht alle Anbieter unterstützen XLIFF.
TBX: Standard für den Austausch von Wörterbüchern. Eine große Mehrheit von Anbietern unterstützt ihn.

Dazu kommen „kleinere“ Standards wie SRX oder GMX, die hier nicht relevant sind. XLIFF ist ein Standard für Übersetzungsprojekte. Eine XLIFF-Datei lässt sich theoretisch in einem reinen Texteditor öffnen. Der Otto-Normal-Leser würde jedoch Schwierigkeiten haben, sich in einem Wust von Tags, Attributen und Entities zurechtzufinden. XLIFF-Dateien enthalten im Grunde drei Arten von Informationen: a) den Text selbst, der zu übersetzen ist und ggf. die bereits vorhandene Übersetzung b) Formatinformationen, die sich in den zu übersetzenden Segmenten befinden und nur vom jeweiligen System richtig interpretiert werden und c) Verwaltungsinformationen für das Projekt oder für das jeweilige Segment (wie Segmentstatus oder Übereinstimmungsgrad zwischen vorhandenen Übersetzungen aus dem Translation Memory und dem zu übersetzenden Segment).

Systeme, die den freien Austausch von Übersetzungsprojekten unterstützen, funktionieren wie folgt. System A generiert eine XLIFF-Datei, die der Übersetzer als Teil seines Übersetzungsauftrags erhält. Der Übersetzer öffnet diese Datei in seinem Übersetzungssystem B und übersetzt sie in seiner gewohnten Arbeitsumgebung. Dabei werden die proprietären Informationen (Punkt „b“ und „c“ aus der obigen Auflistung) geschützt und unverändert in seine Übersetzung übernommen. Er schickt die übersetzte XLIFF-Datei zurück, die sein Auftraggeber benutzt, um eine entsprechend dem Original formatierte Übersetzung zu erzeugen. „Kompatibilität“ oder „Interoperabilität“ bedeutet also, dass XLIFF-Dateien in beiden Richtungen zwischen zwei Systemen austauschbar sind.

Dies ist noch z. T. eine Idealvorstellung, weil sich nicht alle Übersetzungssysteme 100%ig an die Standards halten. Aber die Kompatibilität wird durch die Kooperation von Systemanbietern bei der Definition von Standards mit der Zeit immer besser. Eine neue Version von XLIFF 2.0 ist bereits in Vorbereitung und soll deutliche Verbesserungen bringen.

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[Text: D.O.G GmbH. Quelle D.O.G. news, 1/12. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von Dr. François Massion.]