Bereits seit Anfang Juni 2011 steht fest, dass Neuseeland, das Land der Kiwis und grünen Hügel, Gastland der Frankfurter Buchmesse 2012 sein wird. Dabei wird sich Neuseeland unter dem Motto „He meomoēa he ohorere / While you were sleeping / Bevor es bei Euch hell wird“ vom 10. bis zum 14. Oktober 2012 dem deutschen und internationalen Publikum vorstellen.
Juergen Boos (Bild), Direktor der Frankfurter Buchmesse und Lewis Holden, Staatssekretär im neuseeländischen Kulturministerium, unterschrieben am 2. Juni in Auckland einen entsprechenden Vertrag. „Neuseeland bietet kulturelles Erfahren von ungeheurer Intensität“, erklärt Juergen Boos. „Die multikulturelle Identität Neuseelands beruht auf mitreißenden Geschichten, seien sie mündlich erzählt, geschrieben, gesungen oder verfilmt“, so Buchmesse-Chef Boos. Zudem verwies er auf den großen Einfluss der Maori-Ureinwohner auf die neuseeländische Kultur.
Außenminister Guido Westerwelle, der der Unterzeichnung des Vertrags beiwohnte, sieht die Frankfurter Buchmesse als „einzigartige Chance“ für Neuseeland, seine Kultur und Geschichte präsentieren zu können. Christopher Finlayson, Kulturminister Neuseelands, sagt Folgendes: „Als Gastland der Frankfurter Buchmesse wird Neuseeland seine kulturelle Reichweite nicht nur in Deutschland erheblich steigern, sondern auch bei über 110 ausstellenden Ländern und Hunderttausenden von Messe-Besuchern international.“
Boos sieht die Eigentümlichkeit der neuseeländischen Literatur in dem Nebeneinander zweier Sprachen, nämlich der indigenen Maori-Sprache und dem Englischen. Allerdings gibt es bislang sehr wenige Übersetzungen in die deutsche Sprache bzw. zahlreiche Titel sind bereits vergriffen. Aus diesem Grund stellt die Buchmesse auch eine große Chance für die Autoren dar. „Wir verbinden mit dem Ehrengastland ja auch immer ein Übersetzungsprogramm“, sagt Boos. Damit sei die Hoffnung verbunden, „einiges an Publikationen ermöglichen zu können.“
Programm zur Übersetzungsförderung
Im Rahmen des Ehrengastauftritts 2012 hat der neuseeländische Verlegerverband Publishers Association of New Zealand (PANZ) ein Programm zur Übersetzungsförderung ins Leben gerufen. Dadurch soll die Literatur des Landes einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden. Verlagen der ganzen Welt, die neuseeländische Autoren in ihre jeweilige Landessprache übersetzen wollen, wird somit finanzielle und organisatorische Unterstützung geboten. So werden für einzelne Titel bis zu 50 Prozent der Übersetzungskosten in einer Höhe von maximal 5.000 NZ$ (rund 3.000 Euro) übernommen. Bewerben können sich Verlage laufend, die Förderung gilt für Titel aller Genres. Weitere Informationen sowie die Bewerbungsunterlagen finden Sie hier.
Neuseeländische Autoren
In Deutschland bekannt sind die Autoren Alan Duff, Patricia Grace, Anthony McCarten und Ngaio Marsh. Zu den berühmtesten Schriftstellern gehören Booker-Preisträgerin Keri Hulme, Katherine Mansfield, Michael King und Janet Frame. Ihre Autobiografie Ein Engel an meiner Tafel wurde 1990 von Jane Campion verfilmt. Witi Ihimaera gilt als bekanntester lebender Maori-Autor, dessen Werk Whale Rider im Jahr 2002 verfilmt wurde.
Charakteristisch für Neuseeland sei die Vermischung von Medien. Gerade zwischen Buch und Film sei dies der Fall, erklärt Boos. Daher könne man sich auf eine multimediale Messe freuen. „Auch was bildende Kunst angeht, was Design angeht, was neue Medien angeht. Das ist sicher bei Neuseeland am bisher ausgeprägtesten. Deshalb passt es auch sehr schön zu der Entwicklung, die wir in den letzten Jahren auf der Buchmesse haben“, so Boos.
Nach Angaben der Frankfurter Buchmesse hat Neuseelands Autorenvereinigung des P.E.N. rund 1.300 Mitglieder und ist äußerst aktiv. Etwa 2.000 neue Titel kommen pro Jahr auf den Markt. In dem Verlegerverband PANZ sind rund 80 neuseeländische Verlage organisiert, die jährlich einen Umsatz von rund 550 Millionen Euro Umsatz erzielen. „Für ein Land mit vier Millionen Einwohnern ist das sehr gut“, sagt Boos. Im Jahr 2007 erwirtschaftete die gesamte neuseeländische Kulturindustrie einen Umsatz von ca. 7 Milliarden Euro.
Startschuss in Leipzig
Auf der Leipziger Buchmesse fällt der offizielle Startschuss für das kulturelle Rahmenprogramm des Frankfurter Ehrengastes. „Neuseelands Besonderheit und unser Geschenk an Deutschland ist unser einzigartiges, kulturelles Konzept ‚Manaakitanga‘: ein Ausdruck, der für Gastfreundschaft, Großzügigkeit und gegenseitigen Respekt steht. [ ] Wir freuen uns sehr darauf, auf der Leipziger Buchmesse einen kleinen Vorgeschmack auf die wunderbaren Dinge zu geben, die da kommen werden“, erklärt Tanea Heke, Projektleiterin des Organisationskomitees Ehrengast Neuseeland.
Noch nie kam ein Gastland von so weit her. Ferner ist der Ozeanien-Staat Neuseeland nach Indien und Irland das dritte englischsprachige Gastland der weltgrößten Bücherschau. Die Tradition des „Ehrengastes“ gibt es bereits seit 1976.
Die Frankfurter Buchmesse ist mit über 7.500 Ausstellern aus mehr als 110 Ländern die größte Buch- und Medienmesse der Welt. Zudem organisiert sie die Beteiligung deutscher Verlage an rund 20 internationalen Buchmessen.
[Text: Jessica Antosik. Quelle: bildungsklick.de, 27.02.2012; hr-online.de, 02.06.2011; spiegel.de, 02.06.2011; focus.de, 02.06.2011; boersenblatt.net, 03.06.2011; de.book-fair.com. Bild: Richard Schneider.]