Seit Mitte der Achtzigerjahre übersetzt Dagmar Ploetz die Werke des kolumbianischen Schriftstellers Gabriel García Márquez (Bild rechts) ins Deutsche. Dagmar Ploetz ist im Jahre 1946 in Herrsching geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in Argentinien. Die Schule besuchte sie ebenfalls auf dem südamerikanischen Kontinent. Nach dem Studium der Germanistik und Romanistik in München arbeitete sie zunächst als Verlagslektorin und freie Journalistin. 1983 widmete sie sich schließlich der Übertragung von Werken aus der spanischen in die deutsche Sprache. Ploetz, Ehefrau des deutschen Schriftstellers Uwe Timm, ist eine exzellente Kennerin des Werkes von García Márquez: Sie hat insgesamt sieben Titel des kolumbianischen Literaturnobelpreisträgers übersetzt. Zudem hat sie Bücher von Mario Vargas Llosa, Isabel Allende, Rafael Chirbes, Julián Ayesta, Juan Marsé, Manuel Puig sowie Juan Rulfo ins Deutsche übertragen.
In einem Interview mit der dpa erläutert Dagmar Ploetz das Erfolgsgeheimnis von Gabriel García Márquez im europäischen Raum:
García Márquez wurde zu einer Zeit übersetzt, als ja gerade die Literatur für tot deklariert worden war und es so richtig lebenspralle Romane kaum gab, wo es politische Literatur gab oder auf der anderen Seite den Nouveau Roman, konkrete Poesie, also alles eher ins Abstrakte gehende Dinge. Und das war, glaube ich, ein ungeheures Erlebnis, wieder jemanden zu lesen, der so ins Volle griff und überhaupt keine Berührungsängste hatte, der glaubte, dass die Kunst des Romans alles und jedes mit einbeziehen darf und kann. Und das hat natürlich begeistert, weil da so eine Dürre davor gewesen war.
Ferner äußerte sie sich wie folgt über die Schwierigkeiten, die Garcías Werke beim Übersetzen bereiten:
Es ist ja immer so, dass der Übersetzer dazu tendiert, eine Karikatur des Werkes abzuliefern, insofern, als er die besonders auffallenden Merkmale des Werkes eher noch verstärkt. Und da muss man gerade bei García Márquez vorsichtig sein, dass das nicht zu sehr in diese exotische, magische oder sonstwie allzu farbige Ecke gedrängt wird. Die Übersetzung muss natürlich korrekt sein, aber der Übersetzer hat es ja immer in der Hand, ob er etwas prononciert oder eher auf der gleichen Ebene schweben lässt, und das scheint mir bei García Márquez wichtig zu sein.
Gabriel García Márquez wird angesichts seines hohen Alters wahrscheinlich kein Buch mehr publizieren. Auf die Frage, ob er ihr fehlen wird, antwortete Dagmar Ploetz:
Ja sicher, weil ich glaube, dass er einfach sehr breit thematisch gespannt ist und auch stilistisch. Das ist eine sehr große Klaviatur, auf der er spielen kann. Da sind zwar diese eher typischen Züge und Wendungen, die kehren in fast allen seinen Werken wieder, aber das ist nicht das, was den jeweiligen Roman ausmacht, García Márquez hat immer wieder etwas ganz Neues, Bewegendes mitteilen können.
[Text: Jessica Antosik. Quelle: focus.de, 05.03.2012; literaturuebersetzer.de. Bild: Festival Internacional de Cine en Guadalajara (Wikipedia).]