Karlsruher Institut für Technologie präsentiert „Lecture Translator“

KIT-LogoForscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben lange daran getüftelt – nun ist der automatische „Vorlesungsübersetzer“ fertig. Dieser soll in Echtzeit Vorträge von Dozenten in die englische Sprache übersetzen und so ausländischen Studierenden helfen, ihr Studium in Deutschland zu absolvieren. Ferner soll diese Entwicklung dazu führen, dass mehr ausländische Studierende am KIT studieren – derzeit beläuft sich die Zahl auf 15 Prozent. Im internationalen Vergleich ist diese Quote sehr niedrig. Das KIT geht davon aus, dass dies daran liegt, dass die meisten Vorlesungen auf Deutsch gehalten werden.

Aus Kostengründen ist der Einsatz von Simultandolmetschern nicht möglich. Auch verpflichtende Sprachkurse sind zwar sinnvoll, aber zeitintensiv und zeigen meist erst nach einigen Semestern Erfolg. Doch dann ist es für die erfolgreiche Fortführung des Studiums zu spät.

Zwar liefert der Vorlesungsübersetzer ab und an lustige Sätze. So wurde aus dem Satz „Darüber braucht man sich keine Sorgen machen“ „Don’t worry about make“. „Es macht noch Fehler, es ist nicht perfekt. Aber es ist ein erster wichtiger Schritt“, sagt Prof. Dr. Alexander Waibel vom Institut für Anthropomatik über den automatischen Vorlesungsübersetzer.

An dem Institut werden Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Maschine mithilfe der Informatik untersucht. Nach über zwei Jahrzehnten Forschungsarbeit des International Center for Advanced Communication Technologies (interACT) am KIT sowie mit Unterstützung wissenschaftlicher und kommerzieller Partner wurde der „Lecture Translator“ am 11. Juni 2012 der Öffentlichkeit vorgestellt. Momentan läuft die Software im Testbetrieb bei vier Informatik- und Maschinenbauvorlesungen des KIT.

Doch wie arbeitet die Software? Zunächst zeichnet sie den Vortrag des Dozenten auf, transkribiert ihn und übersetzt ihn anschließend in Echtzeit ins Englische. Die Studierenden folgen den Vorträgen während der Vorlesung auf ihren eigenen Laptops oder Handys. Die übersetzten Skripte werden in der Cloud gespeichert. So haben die Studierenden die Möglichkeit, die Mitschriften auch zu einem späteren Zeitpunkt einzusehen.

„[Das] rein ’sprachliche‘ Übersetzen [ist] leicht – aber das ‚verstehende‘ Übersetzen ist sehr schwer“, so Waibel. Das Programm muss dafür ausgelegt sein, eine schnelle, undeutliche und fragmentarische Sprechweise des Redners verarbeiten zu können. Ferner dürfen Akzente, Fremdwörter, fachspezifisches Vokabular oder Nebengeräusche kein Problem darstellen. Die KIT-Software muss das Gesprochene selbst strukturieren können, ohne die Satzzeichen gesagt zu bekommen.

Eine weitere Schwierigkeit, mit dem das Computersystem zu kämpfen hat, ist auf die Komplexität der deutschen Sprache zurückzuführen: die Syntax. Häufig steht das Verb im Deutschen nicht am Anfang – wie etwa in Nebensätzen. „Und im Deutschen gibt es endlos lang zusammengesetzte Worte“, erklärt Waibel. Ferner müssen in Informatik- oder Mathematikvorlesungen gesprochene Formeln nicht als Worte, sondern tatsächlich als Formeln übersetzt werden. „Deutsch gehört zu den am schwersten zu lernenden und damit auch am schwersten zu übersetzenden Sprachen“, sagt KIT-Präsident Horst Hippler. Langfristig sei aber auch die Übersetzung in andere Sprachen geplant, so Waibel.

Auch außerhalb der Hochschulen könnte der Vorlesungsübersetzer Anwendung finden. In den kommenden Jahren wird die Forschung von der Europäischen Union mit dem Projekt „EU-Bridge“ gefördert. Hier sollen praxisnahe automatische Sprachübersetzungssysteme entwickelt werden. Auf diese Weise sollen Fernsehnachrichten oder EU-Parlamentsdebatten direkt untertitelt werden. Diese Übersetzungswerkzeuge könnten auch für Unternehmen oder hörgeschädigte Menschen nützlich sein.

[Text: Jessica Antosik. Quelle: informatik.kit.edu, 12.06.2012; spiegel.de, 12.06.2012. Bild: KIT.]