Neuer Rowling-Roman: Preisschlacht und Piraterie-Ängste

Ende September 2012 erscheint der neue Roman von Joanne K. Rowling unter dem Titel The Casual Vacancy (auf Deutsch: Ein plötzlicher Todesfall). Der 480 Seiten starke Roman wird in Groβbritannien bei Little, Brown & Co. als Hardcover, Taschenbuch und E-Book veröffentlicht, in Deutschland im Carlsen Verlag.

Einem Bericht von „Bookseller“ zufolge bietet Sainsbury´s mit 8,99 Pfund günstigere Konditionen für Vorbesteller an als der Online-Konzern Amazon mit (9,86 Pfund). Der empfohlene Ladenpreis von Little, Brown liegt bei 20 Pfund. In Groβbritannien liefern sich die Supermärkte demnach regelrecht eine Preisschlacht. Die britischen Sortimenter sind über den Preiskampf natürlich verärgert.

In Deutschland sieht die Situation etwas anders aus, denn Preiskämpfe sind bei der deutschen Ausgabe gesetzlich verboten (gedruckt 24,90 Euro, E-Book 19,99 Euro). Darüber hinaus erscheinen die deutsche Übersetzung und englische Originalausgabe am gleichen Tag, sodass die deutsche Übersetzung attraktiv sein dürfte. „Wir haben alles daran gesetzt, zeitgleich zu erscheinen“, berichtet Carlsen-Geschäftsführer Joachim Kaufmann. Dies sei auch für den Handel vorteilhaft, da dieser an den englischen „Potter“-Ausgaben nicht viel verdient habe.

Susanne Aeckerle und Marion Balkenhol arbeiten derzeit in London für Carlsen und Ullstein (wo die Taschenbuch-Ausgabe erscheinen wird) an der deutschen Übersetzung. Anderen Verlagen wie beispielsweise in Italien, Finnland und Slowenien werde das Manuskript jedoch momentan von Rowlings Agentur verweigert – so heiβt es zumindest in einem Artikel der britischen Tageszeitung Guardian. Die Verlage könnten sich erst mit dem Start der englischen Ausgabe an die Arbeit machen. Auf diese Weise solle das Risiko, dass das Manuskript vorab veröffentlicht und auf Piraterie-Seiten verbreitet werde, verkleinert werden, zitiert die Zeitung die Agentur. Gegenüber Publishers Weekly erklärte die Agentur, dass einige Verlage besser in der Lage seien, derartige Sicherheitsrisiken einzuschränken.

Die betroffenen Übersetzer sowie Verlage sind selbstverständlich über die Geheimhaltungspolitik der 46-jährigen „Harry Potter“-Autorin empört. „Dies zwingt die Verlage weltweit dazu, die Regeln des guten Übersetzens und Lektorierens zu brechen“, zitiert der Guardian den slowenischen Lektor Andrej Ilc. Um den Roman noch vor Weihnachten in den Handel zu bringen, werde man mehrere Übersetzer engagieren und den Lektoratsprozess deutlich beschleunigen müssen.

In Finnland hätten die Übersetzer drei Wochen Zeit. Die freiberufliche Übersetzerin Jill Timbers sagt, es müssen also 23 Seiten pro Tag übersetzt werden.

Auf intralingo schreibt Timbers Folgendes:

Translators may not see it before it is published. (Usually translators can prepare by reading preliminary texts in advance.) The translator has to agree, sight unseen, to turn in the finished copy in three weeks, by October 18, in time for release for Christmas sales. That’s 23 pages of polished final text every day for 21 days – without time to read the book beforehand! Otava did offer to let three translators work on the book simultaneously. […]

Discussion is swirling among Finnish literary translators about quality of translation, quality of (a translator’s) life, preserving true Finnish language versus slipping inadvertently into anglicisms under such time pressure, precedents being set (will the public now expect all books to be translated that quickly), etc. Some doubt that one person can really translate the whole book in three weeks, and think more will be helping in the shadows behind the one named translator.

Non-literary, commercial translators everywhere have watched prices drop and timetables compress as CAT tools spread, information becomes ever more a commodity and style takes last priority. Is this business model invading literary translation? In Finland today, a way of life where literary translators could produce 100 pages a month of high quality text and take time to track allusions and re-create nuance is perceived as under threat.

[Text: Jessica Antosik. Quelle: buchreport.de, 01.08.2012; intralingo.com, 31.05.2012.]