Der Verein der Qualitätssprachendienste Deutschlands (QSD) und der Einzelübersetzerverband BDÜ haben vor einigen Jahren einen Leitfaden für die Zusammenarbeit zwischen Einzelübersetzern und Übersetzungsbüros entwickelt. Im Vorwort heißt es:
Die gute Zusammenarbeit zwischen Übersetzern und Übersetzungsdienstleistern, die gegenüber dem Endkunden für das Produkt Übersetzung […] haften, ist von fundamentaler Bedeutung für eine erfolgreiche Ausführung von Übersetzungsprojekten.
Seitens der Übersetzungsdienstleister wird von den Übersetzern, neben der jeweils erforderlichen linguistischen und fachlichen Befähigung, Professionalität und Vertrautheit mit dem Alltagsgeschäft erwartet.
Seitens der Übersetzer wird wiederum von den Übersetzungsdienstleistern ein ebenso professionelles Vorgehen sowie ein berufsethisch und geschäftlich korrekter Umgang erwartet.
Vielleicht erscheinen die Interessen beider Partner auf den ersten Blick entgegengesetzt zu sein. Bei genauerer Betrachtung ergibt sich jedoch die unabdingbare Notwendigkeit, dass sich beide Partner in Anbetracht des gemeinsamen Zieles – die erfolgreiche Projektdurchführung im Interesse des Endkunden zu gewährleisten – ergänzen und alles andere diesem Ziel unterordnen.
Auf den nachfolgenden Seiten machen die Verbände deutlich, was sie empfehlen und was sie verdammen:
- Keine unbezahlten Probeübersetzungen: „Unbezahlte Probeübersetzungen stellen nach Meinung des BDÜ/QSD keine angemessene Möglichkeit dar, die Fähigkeiten von Übersetzern zu prüfen.“
- Zusatzleistungen gesondert vergüten: „Zusatzleistungen, die […] über das übliche Maß hinausgehen, beispielsweise redaktionelle Änderungen oder größere Layout-Arbeiten, werden separat vergütet.“
- Keine Ausschreibungen: „Verfahren, die ein ‚Preisdumping‘ fördern, wie Internet-Auktionen [gemeint sind Ausschreibungen], erachten weder der BDÜ noch der QSD als professionelle Praxis.“
- Realistische Abgabetermine: „Der Liefertermin sollte realistisch unter Berücksichtigung des Schwierigkeitsgrads des Quelltexts und etwaiger Zusatzleistungen vereinbart werden.“
- Keine Knebelverträge: „Kundenschutz- und Vertraulichkeitsvereinbarungen sollten den marktüblichen Bedingungen entsprechen (keine ‚Knebelverträge‘).“
- Fristgerechte Bezahlung: Fristgerechte Bezahlung der Übersetzer gemäß den bei Bestellung vereinbarten Zahlungsbedingungen.
Der Inhalt der Broschüre ist für Einzelübersetzer, die ausschließlich, überwiegend oder zum Teil für Übersetzungsbüros arbeiten, von grundlegender Bedeutung. Dennoch wird der Leitfaden weder auf der Website des Bundes-BDÜ noch auf der des QSD angeboten. Lediglich der BDÜ-Landesverband Baden-Württemberg bietet den 12-seitigen Leitfaden als PDF-Datei auf seiner Website zum Herunterladen an:
Über den QSD
Der QSD wurde 1998 auf Anregung der EUATC (European Union of Associations of Translation Companies) gegründet. Er vertritt die Interessen und Ansichten der deutschen Übersetzungsindustrie und somit der deutschen Übersetzungsunternehmen innerhalb der EUATC.
Zu den primären Aufgaben des QSD zählen die Stärkung der Professionalität in der Übersetzungsarbeit und die Schaffung einer Lobby für den an Bedeutung stark wachsenden Sektor der Sprachdienstleistungen innerhalb der globalisierten Wirtschaft.
Der QSD hat sich in Person seines langjährigen Vorsitzenden Enrique López-Ebri stark in die Normungsarbeit zur Entwicklung der DIN 2345 und der DIN EN 15038 „Übersetzungs-Dienstleistungen“ eingebracht und wirkt offenbar auch an der in Arbeit befindlichen DIN EN ISO 17100 mit.
Darüber hinaus bleibt sein Einfluss aber begrenzt, weil von den mehreren Hundert, wenn nicht gar mehreren Tausend deutschen Übersetzungsbüros lediglich 25 Mitglied im QSD sind (AtÜ, Bender & Partner, Comtext, CP-Übersetzungen, Dockhorn, Enssner Zeitgeist, express translations, GaiaText, gds Sprachenwelt, Horner Translations, IFA-TRADUCTO, Kocarek, Leinhäuser Language Services, LinguaPoint, Logotrad, López-Ebri, medax, Ralf Lemster Financial Translations, Transmit, Peschel, Macklin, Wieners+Wieners, Wohanka, WORTwelt, WT Services).
Dies liegt auch an den eigenen Ansprüchen an neue Mitglieder: erwartet werden gewisse „personelle und infrastrukturelle Ressourcen“ (Angestellte und „richtige“ Büroräume – nicht nur ein Arbeitszimmer in der eigenen Wohnung), ein Umsatz, „der einem Geschäftsbetrieb angemessen ist“ (sechsstellig) sowie ein eingeführtes Qualitätsmanagementsystem und idealerweise auch eine entsprechende Zertifizierung.
Der QSD ist außerordentliches Mitglied im BDÜ.
[Text: Richard Schneider. Bild: QSD/BDÜ.]