Erste von LandsAid finanzierte Laiendolmetscher-Schulung abgeschlossen – Neue Perspektiven für Flüchtlinge

Gruppenbild
Die ersten 12 geschulten Laiendolmetscher mit Charlotte Sielicki von LandsAid (ganz links), Elke Puskeppeleit vom Evangelischen Gemeindeverein (2. von links) und Schulungsleiterin Antje Bommel (2. von rechts).

In Kaufering im oberbayerischen Landkreis Landsberg am Lech haben am 3. September 2016 sieben Frauen und fünf Männer mit Migrationshintergrund erfolgreich eine dreiwöchige Laiendolmetscher-Schulung mit einer theoretischen und einer praktischen Prüfung abgeschlossen. Neben dem einschlägigen deutschen Fachwortschatz erörterten sie auch vielfältige interkulturelle Themen und erlernten die Grundlagen der Dolmetschtechnik.

Die 12 Teilnehmer aus dem Iran, dem Irak, Afghanistan, Syrien, dem Senegal und Eritrea können die dringend benötigten Arbeitssprachen Arabisch, Persisch, Wolof und Tigrinya abdecken.

Gemeinschaftsprojekt von Hilfsorganisation, evangelischer Gemeinde und Übersetzerin

Finanziert wurde die Schulung von der Hilfsorganisation LandsAid e. V., Veranstalter war der Evangelische Gemeindeverein Kaufering e. V. und die Schulungsleitung lag in den Händen der erfahrenen Berufsübersetzerin Antje Bommel (B.A. Translation, staatlich geprüft, öffentlich bestellt und beeidigt).

Hohe Nachfrage nach Dialogdolmetschern

Die Nachfrage nach Dolmetschern in „Flüchtlingssprachen“ ist unverändert hoch. Ärzte, Anwaltskanzleien, das Jugendamt sowie die Auslanderbehörde haben die frisch ausgebildeten Laiendolmetscher bereits angefragt. Die große Resonanz zeigt, dass sich dank der Schulung nicht nur eine Perspektive für die Teilnehmer auftut, sondern auch für zahlreiche Institutionen, die großen Bedarf an Dolmetschern verschiedenster Sprachen haben.

10 Module à 2,5 Stunden plus Praxiseinsätze

Das Seminar, das in den drei Schulungswochen insgesamt 10 Module à 2,5 Stunden umfasste, wurde in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Gemeindeverein Kaufering e. V. veranstaltet. Die 12 Teilnehmer mit den Muttersprachen Arabisch, Persisch, Wolof und Tigrinya, die aus dem Iran, dem Irak, aus Afghanistan, Syrien, dem Senegal und aus Eritrea stammen, beherrschen die deutsche Sprache bereits so gut, dass sie in der Vergangenheit immer wieder als Dolmetscher bei Behörden, Ärzten, Krankenhäusern und in Flüchtlingsunterkünften zum Einsatz kamen.

Dolmetscher unterliegen der Schweigepflicht

Um vernünftig dolmetschen zu können, reicht es allerdings nicht aus, zwei Sprachen zu beherrschen, da bei jedem Dolmetschgespräch neben den rein sprachlichen auch viele weitere Aspekte eine wichtige Rolle spielen.

So müssen sich Dolmetscher interkultureller Unterschiede bewusst sein und entsprechend agieren, sie unterliegen der Schweigepflicht, müssen das Gesagte sorgfältig und vollständig dolmetschen und dürfen andererseits auch nichts eigenes hinzufügen oder sich gar als dritte Gesprächspartner in das Gespräch der Akteure einbringen.

Zwei Teilnehmerinnen im Unterricht.
Zwei Teilnehmerinnen im Unterricht.

Praktische Einsätze bei Arzt und Landratsamt

Abgerundet wurde die Schulung durch zwei Praxistermine: einer mit Dr. Hartmut von Schnurbein, einem Kauferinger Arzt, der (obwohl in Rente) nach wie vor im Flüchtlingsbereich engagiert. Der andere Praxistermin wurde beim Landratsamt Landsberg durchgeführt. Dort hatten die Teilnehmer Gelegenheit, wichtige Fragen zu Dolmetscheinsätzen mit Mitarbeitern des Jugendamtes, der Asylbehörde und des Ausländeramtes zu erörtern.

Schulungsleiterin ist erfahrene Berufsdolmetscherin

Antje Bommel, die Trainerin des Seminars, ist seit über 20 Jahren selbst professionelle Übersetzerin und Dolmetscherin für Unternehmen, Behörden, Anwälte und soziale Einrichtungen.

Sie gab den Teilnehmern unter anderem wichtige Grundlagen der Notizentechnik beim Dolmetschen an die Hand. Außerdem vermittelte sie Techniken, um ein Gespräch formell so zu steuern, dass die zu dolmetschenden Sequenzen nicht zu lang werden und der Fachwortschatz gegebenenfalls ausreichend verständlich erklärt wird.

Teilnehmer mit großem Engagement und Freude bei der Sache

Die Teilnehmer waren das ganze Seminar über vollzählig, mit großem Engagement und viel Freude bei der Sache. In den kommenden Wochen folgt für jeden ein von der Trainerin begleiteter „echter“ Dolmetschtermin mit anschließender Besprechung. Im Herbst findet dann im Rahmen eines interkulturellen Festes die feierliche Verleihung der Teilnahmezertifikate statt.

Eine Teilnahmebestätigung haben die Teilnehmer bereits erhalten. Sie sind somit ab sofort als geschulte Laiendolmetscher einsetzbar. Neben ehrenamtlichen Einsätzen im Rahmen der Asylsozialarbeit in der Gemeinde Kaufering bzw. im Landkreis Landsberg sind die Absolventen selbstverständlich auch für bezahlte Einsätze als Community Interpreter bei Behörden, sozialen Trägern und sonstigen Einrichtungen buchbar.

Antje Bommel, Teilnehmer
Übersetzerin Antje Bommel händigt eine Teilnahmebestätigung aus.

Über LandsAid

LandsAid ist eine humanitäre Hilfsorganisation, die weltweit Hilfsprojekte in Katastrophengebieten umsetzt. Der Fokus liegt dabei auf der medizinischen Soforthilfe und dem Wiederaufbau. Derzeit ist LandsAid  u. a. in Nepal, auf den Philippinen, im Süd-Sudan sowie in Uganda tätig. In den letzten zehn Jahren wurden 75 Projekte in 22 Ländern durchgeführt. Darüber hinaus bildet die Organisation in Grundlagenseminaren ehrenamtliche Einsatzkräfte aus.

www.landsaid.org

Schulungsleiterin Antje Bommel ist erreichbar unter www.bommeltrans.de.

[Text: LandsAid, leicht überarbeitet von Richard Schneider. Quelle: Pressemitteilung LandsAid, 2016-09-16. Bild: LandsAid.]

Leipziger Buchmesse 2024