Die Boulevardzeitung Kurier berichtet unter der Überschrift „Asyl und Polizei: 24,6 Millionen Euro für Dolmetscher – Flüchtlingskrise und Ausländerkriminalität lassen die Kosten in die Höhe schnellen“ über die gestiegenen staatlichen Ausgaben für Dolmetscher und Übersetzer in Österreich (8,7 Mio. Einwohner):
Die Kosten für die Übersetzungen in Strafverfahren oder im Asyl- und Fremdenwesen haben mit 24,6 Millionen Euro einen Rekordwert erreicht. Und das, obwohl mit Juli 2014 durch eine Novelle des Gebührenanspruchsgesetzes auch die Tarife für Dolmetscher deutlich gesenkt wurden.
Im Jahr 2008 lagen die Dolmetschkosten für das Innenressort demnach noch bei 15 Mio. Euro. Der Anstieg auf 24,6 Mio. Euro im Jahr 2016 entspricht einem Zuwachs von 64 Prozent innerhalb von neun Jahren.
27,6 Prozent der Ausgaben entfallen auf Asylverfahren
Der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck, erklärt: „Natürlich hat die Flüchtlingswelle dazu beigetragen. Die 90.000 Asylanträge alleine im Jahr 2015 sind natürlich stark budgetwirksam geworden.“ Der Anteil der Dolmetschkosten in Asylverfahren belief sich 2016 auf 6,8 Mio. Euro. Das sind 27,6 Prozent der insgesamt 24,6 Mio. Euro.
Hauptanteil für Strafverfahren und fremdenpolizeilichen Kontrollen
Der Löwenanteil der Kosten entfällt auf den Bereich der Kriminalitätsbekämpfung. Bei „Strafverfahren, fremdenpolizeilichen Kontrollen und Verwaltungsstrafverfahren“ habe die Exekutive immer häufiger auf Übersetzer zurückgreifen müssen, so der Kurier.
Überproportional hoher Anteil ausländischer Tatverdächtiger
In Österreich wurden 2016 39,1 Prozent aller Straftaten von Ausländern begangen. Darunter befinden sich allerdings als zweitgrößte Gruppe auch die Deutschen, die in der Regel keinen Dolmetscher benötigen:
- Rumänien (11.021 Tatverdächtige)
- Deutschland (9.724)
- Serbien (9.557)
- Türkei (6.732)
- Afghanistan (5.973)
Der Anteil ausländischer Tatverdächtiger unterscheide sich aber auch von Delikt zu Delikt. Bei Einbrüchen und Diebstählen sei er besonders hoch. „Hier haben wir bereits zwei Drittel ausländische Tatverdächtige“, erklärt der Sprecher der niederösterreichischen Polizei, Markus Haindl.
ÖVGD kritisiert Beauftragung unqualifizierter Laiendolmetscher
Die Vizepräsidentin des Österreichischen Verbandes der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher (ÖVGD), Joanna Ziemska, kritisiert aus diesem Anlass die häufige Beauftragung unqualifizierter Dolmetscher: „Die Polizei greift sehr oft auf Laiendolmetscher zurück. Das sind beispielsweise Taxifahrer mit guten Sprachkenntnissen. Dabei ist die Verantwortung extrem groß. Die Aussage bei der ersten Einvernahme hat später beim Gerichtsprozess starkes Gewicht.“
Richard Schneider