
Dolmetscher nicht nur in ihrer professionellen Rolle, sondern auch im Spiegel der Lebenszusammenhänge zu begreifen, die das dolmetscherische Ich konstituieren – darum geht es in diesem Band. Anhand von autobiographischen Texten untersuchen die Autoren, wie Dolmetscher ihr Selbstbild, ihre Werte, ihre Weltsicht, ihr Rollenverständnis – kurz gesagt: ihre Identität – darstellen.
Der Fokus liegt dabei auf Arbeitssituationen in autoritären Regimen und Konflikten, in denen sich Grundfragen der Existenz, wie etwa Anpassung oder Widerstand, Neutralität oder Parteilichkeit, zuspitzen und verdichten.
Die Analysen zeigen, dass die Entscheidungen, die Menschen in solchen Situationen treffen, so widersprüchlich, vielfältig und komplex sind wie das Leben selbst.
Zu den Herausgebern
- Dörte Andres ist Professorin für Dolmetschwissenschaft am Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Germersheim.
- Klaus Kaindl ist Professor für Übersetzungswissenschaft am Zentrum für Translationswissenschaft der Universität Wien.
- Ingrid Kurz ist Professorin für Dolmetschwissenschaft i.R. am Zentrum für Translationswissenschaft der Universität Wien und Konferenzdolmetscherin.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vera Ahamer: „Solonewitsch, übersetzen!“ Memoiren der „Genossin Dolmetscherin“ Tamara Solonevič
- Ursula Gross-Dinter: Dolce Vita am Rand des Abgrunds. Eugen Dollmann – SS-Verbindungsoffizier, Salonlöwe und Dolmetscher der Diktatoren
- Michaela Montag: Hans Jacob. Ein Dolmetscher als Kind seiner Zeit
- Pekka Kujamäki: „In der Mitte wirst du am sichersten gehen“. Erich Sommer: Das Memorandum. Wie der Sowjetunion der Krieg erklärt wurde
- Klaus Kaindl: Dolmetschen als Dienst am Leben. Die autobiographischen Texte der Hiltgunt von Zassenhaus
- Dörte Andres: „Freiwillig zwangsverpflichtet“. Persönliche Erinnerungen von Eleonore Helbach, Dolmetscherin in den Mülheimer Zwangsarbeiterlagern
- Margarita Singer: Elena Rževskaja – Aufzeichnungen einer Militärdolmetscherin. Die Frau, die den Mythos um Hitlers Tod enthüllte
- Ingrid Kurz: Mit Anfang 20 als Dolmetscher dabei – Richard W. Sonnenfeldt und Siegfried Ramler im Justizpalast in Nürnberg 1945
- María Manuela Fernández Sánchez: Faithful Echo ‘in his way’: Robert B. Ekvall’s memoirs
- Mira Kadrić: Dichter, Diplomat, Dolmetscher: Titos Dolmetscher. Als Literat am Pulsschlag der Politik von Ivan Ivanji
- Die Autobiographie Ach, was für ein Leben! – Schicksal eines chinesischen Intellektuellen von Zhou Chun
- Hildegard Vermeiren: Paul Schmidt’s account of his “automatic arrest” in Der Statist auf der Galerie 1945-1950
- Jesús Baigorri-Jalón: Autobiography or history? Ji Chaozhu, an interpreter in Mao’s China
Bibliografische Informationen
- Dörte Andres, Klaus Kaindl, Ingrid Kurz (Hg., 2017): Dolmetscherinnen und Dolmetscher im Netz der Macht. Autobiographisch konstruierte Lebenswege in autoritären Regimen. Berlin: Frank & Timme. 280 Seiten, 39,80 Euro, ISBN 978-3-7329-0336-8.
Frank & Timme