Das in den letzten Jahren und Jahrzehnten beim Eurovision Song Contest (ESC) zu beobachtende Sprachensterben hat sich 2018 in Portugal nicht weiter fortgesetzt. Es ist sogar eine leichte Trendumkehr zu beobachten.
Im Vorjahr in der Ukraine hatten sage und schreibe 21 von 26 Teilnehmerländern des Finales ihre Musiktitel auf Englisch vorgetragen. Lediglich fünf Länder besaßen das Selbstbewusstsein, in ihrer Muttersprache zu singen: Frankreich, Italien, Portugal, Ungarn und Weißrussland.
Dieses Jahr in Lissabon weigerten sich immerhin 9 von 26 Ländern, in der künftigen Amtssprache der Vereinigten Staaten von Europa zu singen: Spanien, Slowenien, Portugal, Serbien, Albanien, Frankreich, Ungarn, Italien und Estland. Kurios ist, dass die estnische Interpretin sich für Italienisch entschied. Dies lag wohl daran, dass sie ausgebildete Opernsängerin ist.
Moderiert wird nur noch auf Englisch
Schon 2017 in der Ukraine sprachen alle drei Moderatoren des größten Musikwettbewerbs der Welt ausschließlich Englisch.
In der portugiesischen Hauptstadt standen nun vier Moderatorinnen auf der Bühne. Aber die Hoffnung, dass zumindest eine von ihnen der portugiesischen Sprache Gehör verschaffen würde, zerschlug sich schnell. Dem Quartett kam kein einziger muttersprachlicher Satz über die rot geschminkten Lippen.
Die ausrichtende Europäische Rundfunkunion EBU hat damit offenbar den Gastgeberländern das Ansinnen, die eigene Sprache zu sprechen, erfolgreich ausgetrieben und Englisch als offizielles ESC-Idiom durchgesetzt. Ohne die vorproduzierten Einspieler, mit denen die Finalisten vor touristischen Sehenswürdigkeiten Portugals vorgestellt werden, wäre gar nicht erkennbar gewesen, in welchem Land der Komponistenwettstreit ausgetragen wird.
In früheren Jahren war es noch Usus, dass ein Moderatorenpärchen zumindest zweisprachig (und gelegentlich sogar dreisprachig) durch den Abend führt, wobei der Schwerpunkt jeweils auf der Landessprache lag.
Österreich und Deutschland überraschend auf Platz 3 bzw. 4
Was war sonst noch bemerkenswert? Österreich und Deutschland kamen mit ihren selbstverständlich englischsprachigen Titeln zur Überraschung aller auf Platz 3 bzw. 4. – und Favorit Israel fuhr den erwarteten Sieg ein.
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Richard Schneider