Wegen der Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie pausiert derzeit auch der Präsenzkursbetrieb der Integrations- und Berufssprachkurse für Einwanderer. Davon sind rund 200.000 Migranten und die rund 1.600 Integrationskursanbieter betroffen.
Um den Lernfortschritt der Teilnehmener zumindest zu erhalten, fördert das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ab April 2020 für die Dauer von bis zu drei Monaten Online-Tutorien zum Deutsch lernen. Die Dozenten der Bildungsträger sollen ihre Schüler über das dafür geeignete Lernportal des Deutschen Volkshochschul-Verbands (DVV) online betreuen.
Rund 40 Prozent aller Integrationskursteilnehmer lernen ohnehin an einer VHS. Nun soll deren Infrastruktur auch anderen Integrations- und Sprachkursanbietern zur Verfügung gestellt werden.
Das kostenlose Lernportal umfasst digitale Deutschkurse für alle Niveaustufen des Integrationskurses. Es ist in 18 Sprachen übersetzt, so dass auch Anfänger damit lernen können. Es genügen ein Smartphone und eine Internetverbindung. Über eine einfache Benutzeroberfläche können Lehrkräfte ihre Lerngruppen anlegen, ihnen passende Übungen zuweisen und sie beim Lernen begleiten.
VHS-Lernportal wurde mit Steuergeldern entwickelt
„Der Bundesregierung ist es wichtig, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Sprachkenntnisse festigen und das bereits Gelernte nicht verloren geht. Mit dem VHS-Lernportal steht ihnen eine erprobte und anerkannte Lernplattform zur Verfügung, mit der sie die Wartezeit bis zur regulären Fortführung der Kurse sinnvoll nutzen können“, betont Uta Saumweber-Meyer, Leiterin der Abteilung „Integration und gesellschaftlicher Zusammenhalt“ beim BAMF.
Das VHS-Lernportal ist mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung entwickelt worden. Die Online-Kurse auf der Plattform orientieren sich am Rahmencurriculum des Integrationskurses und sind vom BAMF als bislang einziges digitales Lehrwerk zugelassen.
Lehrkräften steht eine eigene Nutzeroberfläche zur Verfügung. Sie können Lerngruppen anlegen, die Lernaktivitäten ihrer Teilnehmer beobachten und Übungen individuell oder gruppenbezogen zuweisen. Da das Lernportal für die Nutzung auf Smartphones optimiert ist, können Lerner auch ihre eigenen Geräte verwenden.
Volkshochschulverband bietet Online-Schulungen für Lehrkräfte an
„Als Betreiber des vhs-Lernportals freuen wir uns, wenn viele Menschen von unseren digitalen Angeboten profitieren können“, sagt Gundula Frieling, stellvertretende Direktorin des Volkshochschul-Verbands, und ergänzt: „Für die Lehrkräfte bietet die Förderung durch das BAMF eine Möglichkeit, einen Teil ihres Unterrichtsausfalls zu kompensieren.“
Um die rund 900 Volkshochschulen und alle weiteren Bildungsträger bei der vorübergehenden Umstellung ihres Unterrichts auf E-Learning zu unterstützen, bietet der Verband kostenlose Online-Schulungen für Lehrkräfte an.
Die aktuell unterbrochenen Berufssprachkurse sollen, so der Wunsch des BAMF, möglichst in virtuellen Klassenzimmern fortgeführt werden. Zusätzlich können aber auch in den Berufssprachkursen Online-Tutorien mit dem Lernportal gefördert werden.
Das BAMF hat die Träger der Integrations- und Berufssprachkurse bereits in einem Rundschreiben über die Möglichkeiten des digitalen Lernens mit dem VHS-Lernportal informiert.
Zwischenbilanz April: 150.000 Schüler, 10.000 Lehrer neu im VHS-Lernportal
Rund 150.000 neue Schüler und mehr als 10.000 Lehrkräfte haben sich im Monat April im VHS-Lernportal registriert, seit das BAMF die Online-Tutorierung von Integrations- und Berufssprachkursen mit dem Lernportal fördert.
„Seit die Kurse unterbrochen wurden, lief bei uns das Telefon heiß. Viele hatten Sorge, alles zu vergessen und wollten weiter lernen“, berichtet Maria Seiter, Fachbereichsleiterin an der VHS Bingen. „Die Online-Tutorien mit dem vhs-Lernportal haben uns in dieser Situation gerettet, zumal im Lernportal sowohl die Lernumgebung als auch die Inhalte schon komplett zur Verfügung standen“, betont Seiter. Ihre Teilnehmer hätten das Angebot dankbar angenommen und seien nun sehr engagiert dabei.
Nicht nur für die Teilnehmenden, auch für die Lehrkräfte bedeutete die Unterbrechung der Kurse einen großen Einschnitt. Denn die Mehrheit von ihnen ist freiberuflich tätig. „Die Online-Tutorien sind für uns daher auch eine wichtige Möglichkeit, den Lehrkräften einen Verdienst zu ermöglichen“, meint Angelina Stern, die an der Hamburger Volkshochschule das Zentrum für Deutsch als Fremdsprache leitet.
Vorbereitung auf die Zeit nach Corona
Gleichzeitig böten die Online-Kurse auch die Gelegenheit, Expertise für die Zeit nach der Krise aufzubauen. „Wir machen gerade Digitalisierung im Turbogang“, sagt Stern. Jetzt seien die Kursleiter offen für die neuen Möglichkeiten und entsprechend ausgebildet. Denn auch nach Corona werde nichts sein wie zuvor, vermutet Stern. „Wir werden zukünftig Präsenzkurse sicherlich verstärkt mit Online-Lernen kombinieren“, ist Stern überzeugt.
„Jetzt, da Online-Lernen Hochkonjunktur hat, sind wir froh, dass wir mit dem vhs-Lernportal ein leistungsfähiges Werkzeug von höchster sprachdidaktischer Qualität anbieten können“, erklärt Martin Rabanus, Vorsitzender des Deutschen Volkshochschul-Verbandes. „Es sorgt weit über die VHS-Community hinaus dafür, dass die Integration von Zugewanderten an der Schlüsselstelle, nämlich beim Spracherwerb, nicht ins Stocken gerät.“
rs, DVV