Die Übersetzerin und Amerikanistin Ursula Maria Ewald liest am 15. Juni 2022 in Dresden (Bibliothek August-Bebel-Straße) aus dem von ihr übersetzten Buch Es musste getan werden. – Die Navajo-Code-Sprecher erinnern sich an den Zweiten Weltkrieg. Ewald hat den Autor Stephen Mack und einige der Navajo-Code-Sprecher persönlich getroffen und steht anschließend für eine Diskussion zur Verfügung.
Der US-Amerikaner Stephen Mack dokumentiert in seinem Buch die Entwicklung und Verwendung der Sprache der Navajo als unknackbaren Code zur Übermittlung geheimer Botschaften im Zweiten Weltkrieg. Dadurch konnte der Verlauf des Pazifikkrieges gegen Japan entscheidend mitbestimmt werden.
Mack zählt zur Tohono O´odham Nation, besuchte das College an der Universität von Minnesota und absolvierte Studien am Institute of American Indian Arts in Santa Fe, New Mexico, sowie an der Universität von New Mexico in Albuquerque. Er hat drei Jahre als Freiwilliger für die Navajo Code Talkers Association gearbeitet.
Er führte intensive Recherchen durch und sprach mit noch lebenden Code-Sprechern über ihre schwierigen Lebensbedingungen und ihre Jugend zu einer Zeit, als der Gebrauch der Navajo-Muttersprache strengstens untersagt war.
Die an dem Projekt beteiligten Code Talkers mussten aus Gründen der Geheimhaltung mehr als zwanzig Jahre über ihre Arbeit im Pazifikkrieg schweigen. Erst ab 1968 war es ihnen erlaubt, darüber zu sprechen. 1982 wurden sie von Präsident Ronald Reagan für ihren Einsatz geehrt. Und es dauerte weitere zwanzig Jahre, bis sich die Öffentlichkeit für dieses Kapitel der Kriegsgeschichte interessierte. Die noch lebenden Beteiligten wurden 2005 bis 2008 ausführlich zu ihren Erfahrungen und Eindrücken befragt. Fernsehdokumentationen und Bücher entstanden.
Code auf Basis der Navajo-Sprache erweist sich als unknackbar
Im Klappentext von Es musste getan werden heißt es:
Anfang 1942, während der düsteren Monate nach der abrupten Bombardierung von Pearl Harbor, wurde eine Gruppe von 29 Navajo-Marines, unmittelbar nach ihrem Ausbildungslager in einen Raum mit vergitterten Fenstern und Wachpersonal gebracht. Ihre Aufgabe war es, einen Top-Secret-Code zu ersinnen, den die besten kryptoanalytischen Köpfe im Kaiserreich Japan nicht entschlüsseln können. Und das gelang ihnen!
Dieses Buch dokumentiert ihre erstaunliche Kriegsleistung: die Formation und Verwendung des Navajo-Codes. Das Buch berichtet aber auch über die Lebensweise von acht Navajo-Codesprechern – und zwar mit ihren eigenen Worten. Sie erzählen über ihre schwierigen Lebensbedingungen, besonders in ihrer Kindheit, ihre Erfahrungen während der Internatsschulzeit, wo der Gebrauch ihrer Navajo-Muttersprache strengstens untersagt war, manchmal sogar mit brutalen Mitteln unterbunden wurde.
Dieses Buch ist ihre Lebensgeschichte. Es ist die Geschichte eines Codes und seinen bescheidenen Anfängen, eines Codes, den die meisten genialen Köpfe nicht brechen konnten, ein Code, der tausenden Amerikanern das Leben rettete.
Es ist eine Geschichte über eine lebensgefährliche Aufgabe, oft unter tödlichem feindlichen Feuer, bei dem einige den höchsten Preis zahlen mussten. Es ist eine Geschichte über Intelligenz, Mut und letzten Endes über Patriotismus.
Dietmar Kuegler rezensiert das Buch im Magazin für Amerikanistik 2/2020:
Für mehrere Jahrzehnte waren sie fast vergessen, die Navajo-Funker des 2. Weltkriegs. Spät, sehr spät erinnerte man sich ihrer Leistung. Offiziell waren sie Angehörige des US-Marine-Korps. Tatsächlich waren die insgesamt ca. 420 Männer Teil einer hochgeheimen Mission. Sie sollten den strategisch bedeutenden Funkverkehr der amerikanischen Armee übernehmen, um für die Weiterleitung von Befehlen und Informationen zu sorgen, ohne dass die japanischen Funkexperten diese Nachrichten knacken konnten. Das war eines der größten Probleme für die amerikanische Kriegsführung in Asien.
Mit welchen Methoden die Armee auch immer ihre Nachrichten verschlüsselte – die hochintelligenten japanischen Funker fanden eine Lösung, die Botschaften zu verstehen. Nichts blieb geheim. Was immer die amerikanischen Militärs planten – die Japaner erfuhren es und konnten Gegenmaßnahmen ergreifen. Bis die Navajo-Funker kamen …
Sie entwickelten 1942 einen Code, den kein Mensch auf der Welt brechen konnte, den niemand imstande war, zu verstehen, außer den Navajo-Soldaten selbst. Die Unmöglichkeit, den Code dieser Funker zu entschlüsseln, lag in der Sprache der Navajo begründet, die für Fremde dermaßen unverständlich ist, das es fast unmöglich ist, sie als Nicht-Navajo fließend zu lernen. (Es gab einmal ein Projekt für die Navajo-Sprache an der Freien Universität Berlin, das völlig scheiterte.)
Auf der Basis der Navajo- Sprache entstand ein Funk-Code, der selbst Menschen, die diese Sprache beherrschten, total fremd blieb. Damit wurde der Code der Navajos zu einer Waffe, vielleicht sogar zu einer der mächtigsten Waffen des 2. Weltkrieges. Denn ab jetzt war es keinem japanischen Funker, keinem Spion mehr möglich, amerikanische Botschaften zu verstehen und daraus Informationen abzuleiten.
Der Einsatz der Navajo-Funker wurde kriegsentscheidend. Historiker sind sich heute einig, dass das kleine Häuflein der indianischen Funker mehr zum Sieg der USA in diesem Krieg beigetragen hatte als manche hochgerüsteten Regimenter.
Erst 1982 erhielten die Überlebenden die offizielle Anerkennung durch Präsident Ronald Reagan. Seither sind fast alle Funker teilweise auch posthum mit Urkunden und Medaillen geehrt worden. Und der 14. August jeden Jahres ist seitdem ein offizieller Gedenktag für die Code Talkers. […]
Die Übersetzerin, Ursula-Maria Ewald, hat eine einfühlsame Arbeit geleistet. Das Buch kann nur wärmstens empfohlen werden.
Bibliografische Angaben
- Stephen Mack (2020): Es musste getan werden. – Die Navajo-Code-Sprecher erinnern sich an den Zweiten Weltkrieg. Hohenthann-Schönau: TraumFänger Verlag. Übersetzt von Ursula Maria Ewald. In einem Anhang des Buchs wird der komplette Geheimcode dokumentiert. 140 Seiten, 12,90 Euro, Kindle 6,95 Euro, ISBN 978-3941485808. Auf der Verlagswebsite bestellen.
Richard Schneider