Münchner Stipendien für Übersetzungsprojekte gehen an Luis Ruby und Dr. Inga Meincke

München, Rathaus
Das Neue Rathaus in München. - Bild: Stadt München

Die Landeshauptstadt München fördert alle zwei Jahre „herausragende literarische Projekte“ mit zehn Stipendien in Höhe von jeweils 8.000 Euro. Sieben davon gehen an Autoren, zwei an Übersetzer und eines an einen Illustrator.

Für das Jahr 2023 fiel die Wahl der Übersetzungsjury auf Dr. Inga Meincke, die aus dem Dänischen, und Luis Ruby, der aus dem Spanischen übersetzt. Die öffentliche Preisverleihung mit Lesung der Stipendiaten findet am 31. Oktober 2023 im Münchner Literaturhaus statt.

Meincke übersetzt William Heinesens Roman Noatun neu aus dem Dänischen

Zur Wahl Meinckes schreibt die Jury:

Inga Meincke wird ausgezeichnet für die Neuübersetzung des 1938 veröffentlichten Romans „Noatun“ von William Heinesen, dem wohl bedeutendsten färöischen Autor des 20. Jahrhunderts.

Im Mittelpunkt des Romans steht eine von Mittellosen gegründete Siedlung an einem unwirtlichen, schwer zugänglichen Ort zwischen Felsen und Meer, an dem Grundfragen der menschlichen Existenz und des Überlebens schonungslos zutage treten.

Heinesen verfasste sein Panorama der färöischen Gegenwartsgesellschaft der 1920er und 1930er Jahre auf Dänisch, wie es zu jener Zeit aus politischen Gründen üblich war.

Eine besondere Herausforderung der Übersetzung liegt darin, dass Heinesen die Spannungen zwischen der dänischen und der färöischen Sprache als produktives Stilmittel einsetzt.

Inga Meincke hat diese und andere Schwierigkeiten souverän und kenntnisreich gemeistert. Sie hat für den Roman einen wuchtvollen, archaischen Ton gefunden, der zu keinem Zeitpunkt altbacken oder verstaubt wirkt.

Ganz im Gegenteil, der Übersetzerin gelingt es mit ihrem Gespür für Rhythmus und Stimmung, die Beschreibungen der kargen Inselwelt und die eigentümliche Färbung der Romanszenen kunstvoll und zeitgemäß ins Deutsche zu übertragen.

Inga Meincke, geboren 1963 in Hamburg, studierte Nordische Philologie an der Ludwig-Maximilians-Universität und promovierte 1999 an der Goethe-Universität Frankfurt. Sie arbeitet seit 2002 als selbständige Lektorin, Übersetzerin und Autorin.

Ruby übersetzt Roman Lugar Seguro von Isaac Rosa

Luis Ruby übersetzt den Roman „Lugar Seguro“ (dt. „Sicherer Ort“) von Isaac Rosa aus dem Spanischen. Die Jury schreibt dazu:

Bei dem mit dem Premio Biblioteca Breve ausgezeichneten Buch handelt es sich um einen schelmenhaften Vater-Sohn-Roman, der nicht nur den Auf- und Abstieg einer Familie über drei Generationen hinweg behandelt, sondern auch wirtschafts- und sozialpolitischen Themen nachgeht und entsprechend von gesellschaftskritischen Strömungen und Sprechweisen geprägt ist.

Da ist sprachliche Vielfalt gefragt: Ob im Wirtschaftsjargon, bei verschiedenen politischen Diskursen oder Umweltdiskussionen werden etliche zeitgenössische Themen aufgeworfen und häufig variiert. Der Erzähler nimmt mehrere Perspektiven ein, die teils satirisch zuspitzen, teils zynisch kommentieren oder subtil Einfluss nehmen.

Luis Ruby ist es beispielhaft gelungen, für die Erzählerstimme des Romans einen eigenen, treffenden Ton zu finden und gleichzeitig alle Themenkreise adäquat, differenziert und doch mit der dem Original innewohnenden Leichtigkeit ins Deutsche zu übertragen.

Dabei nutzt er konsequent und stets mit sicherer Idiomatik die sprachlichen Möglichkeiten des Deutschen auch dort, wo Abweichung von den syntaktischen Vorgaben des Originals nötig ist.

Ruby wurde 1970 in München geboren und ist zweisprachig aufgewachsen. Er hat in Heidelberg, Salamanca und München studiert, war Lehrbeauftragter an der LMU sowie bei verschiedenen Übersetzerwerkstätten und nahm eine Gastdozentur wahr.

Er wurde für seine Übersetzungen, unter anderem von Clarice Lispector, Irene Vallejo, Hernán Ronsino und Javier Marías, vielfach ausgezeichnet.

Quelle: Stadt München