„Die Welt möge Zeuge sein“: Buchpräsentation und Lesung auf Jiddisch und Deutsch in Leipzig

Dovid Bergelson
Dovid Bergelson mit seinem Sohn. - Bild: Jüdischer Verlag / Suhrkamp

Am 13. Februar 2024 um 19:30 Uhr stellen Sabine Koller und Alexandra Polyan die von ihnen herausgegebene Publikation Die Welt möge Zeuge sein im Literaturhaus Leipzig vor. Im Mittelpunkt der jiddisch-deutschen Lesung steht der Schriftsteller Dovid Bergelson. Der Eintritt ist frei.

Der Band versammelt erstmalig ausgewählte Prosa sowie einen Dramenausschnitt aus Bergelsons umfangreichem Schaffen. Ergänzt sind die Texte um einen Anmerkungsapparat, ein Glossar und ein ausführliches Nachwort zum Leben und Werk des Autors.

Prägender Autor der modernen jiddischen Literatur

Dovid Bergelson, 1884 im Gouvernement Kiew des Russischen Kaiserreichs geboren, prägte über vier Jahrzehnte die moderne jiddische Literatur. Ob in Kiew, Berlin, New York oder Moskau – Bergelsons literarische Stimme wurde gehört.

Er galt als Erneuerer der jiddischen Prosa zwischen Moderne und Sozialistischem Realismus. Bergelson lebte von 1920 bis 1926 in Berlin und kehrte dann in die Sowjetunion zurück. Mit dem Zweiten Weltkrieg und der Judenverfolgung erreichte sein Schreiben eine neue, existenzielle Dimension.

Im Januar 1949 wurde er inhaftiert und 1952 in der „Nacht der ermordeten Dichter“ zusammen mit vier weiteren sowjetisch-jiddischen Autoren in der berüchtigten Lubjanka hingerichtet, dem Sitz und zentralen Gefängnis des sowjetischen Geheimdienstes. Bergelson und etwa ein Dutzend weiterer Autoren trugen zur Blüte der jiddischen Kultur im östlichen Europa bei, die als „jüdische Kulturrenaissance“ in die Geschichte einging.

Erst nach Stalins Tod wurde David Bergelson rehabilitiert. 1961 erschien eine erste Ausgabe seiner Werke in der Sowjetunion.

Lesung im Dialog von Original und Übersetzung

Die jiddisch-deutsche Lesung nimmt das Publikum mit auf den bewegten Lebensweg Dovid Bergelsons. Sabine Koller und Alexandra Polyan von der Universität Regensburg zeichnen seine fulminante literarische Entwicklung nach.

Sie folgen den Lebensthemen eines Autors, der Auge in Auge mit Bedrohung und Gewalt, doch unerschütterlich in seinem Hoffen nach dem Ort des Jüdischen in der Welt fragt.

Die Lesung bringt im Dialog von Original und Übersetzung erstmals übersetzte Schlüsseltexte dieser zentralen Gestalt der jiddischen Literatur zu Gehör.

Übersetzer geben Einblicke in Bergelsons Prosa

Peter Comans, der das Werk zusammen mit Susanne Klingenstein, Sabine Koller und Janina Wurbs aus dem Jiddischen übersetzt hat, gibt Einblicke in seine Erfahrungen mit Bergelsons Prosa.

Die Veranstaltung ist Teil des von der Leibniz-Gemeinschaft geförderten Kooperationsprojekts »Das kurze Leben der sowjetisch-jiddischen Literatur« zwischen dem Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur ‚Simon Dubnow‘ (Leipzig), dem Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Berlin und der Professur für Slavisch-Jüdische Studien an der Universität Regensburg.

Bibliografische Angaben

  • Dovid Bergelson (2023): Die Welt möge Zeuge sein. Erzählungen. Herausgegeben von Sabine Koller und Alexandra Polyan. Berlin: Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag. Aus dem Jiddischen übersetzt von Peter Comans, Susanne Klingenstein, Sabine Koller und Janina Wurbs. 458 Seiten, gebunden 29,95 Euro, E-Book 25,99 Euro, ISBN 978-3633543243. Bei Amazon bestellen (und Leseprobe). Hinweis zu Amazon-Links.
Dovid Bergelson, Die Welt möge Zeuge sein
Bild: Jüdischer Verlag / Suhrkamp

Dr. Julia Roos (Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur ‚Simon Dubnow‘)