Schwarzkopfmeisen legen Wert auf korrekte Grammatik und erkennen Fehler

Schwarzkopfmeise
Die Schwarzkopfmeise kommt in Europa nicht vor. Sie lebt im Norden des amerikanischen Kontinents. - Bild: Mdf, CC BY-SA 3.0

Die im südlichen Kanada und im Norden der USA lebenden Schwarzkopfmeisen (Poecile atricapillus) achten bei ihrer Kommunikation mit Artgenossen auf den richtigen „Satzbau“. Darüber hinaus können sie inkorrekte Notenfolgen von korrekten unterscheiden. Das zeigt eine Forschungsarbeit, die an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Kooperation mit kanadischen Wissenschaftlern durchgeführt wurde.

In Experimenten mit in Nordamerika heimischen Schwarzkopfmeisen konnte nachgewiesen werden, dass die Singvögel bei bestimmten Rufen, die zur Kommunikation mit Artgenossen genutzt werden, großen Wert auf die korrekte Reihenfolge der einzelnen Noten legen. Das berichten die Forscher im Journal Behavioural Processes.

Ko-Autorin Marisa Hoeschele vom Institut für Schallforschung der ÖAW erläutert:

Wir haben festgestellt, dass bei den sogenannten Chick-a-Dee-Rufen der Vögel, die zum Beispiel für Warnungen vor Feinden verwendet werden, die Reihenfolge der vier verwendeten Noten immer gleich ist: Note A kommt vor B, B kommt vor C und C kommt vor D. Einzelne Noten können auch ausgelassen oder wiederholt werden, wodurch sich mehrere hundert mögliche Kombinationen bilden lassen, die sich alle an die grundsätzliche Reihenfolge halten.

Grammatik mit nur vier Noten ermöglicht verschiedene Botschaften

Die Schwarzkopfmeisen können durch diese einfache Grammatik mit nur vier Noten verschiedene Botschaften an ihre Artgenossen senden. Hoeschele:

Wir wissen aus einer anderen Studie zum Beispiel, dass bei Warnungen vor einer Eule am Ende des Rufes die D-Note sehr oft wiederholt wird, während weniger gefährliche Feinde nicht so viele Wiederholungen auslösen.

Mit einem ausgeklügelten Experiment konnte nachgewiesen werden, dass die Schwarzkopfmeisen einen falschen Satzbau auch tatsächlich als Kategorie erkennen. Dazu wurden den Vögeln drei verschiedene Plattformen angeboten:

  • Eine ohne Geräusche,
  • eine mit einem Lautsprecher, der Chick-a-Dee-Rufe mit korrekter Notenfolge abspielte,
  • und eine, auf der Rufe mit falschem Satzbau abgespielt wurden.

Hoeschele resümiert:

Wir konnten eine deutliche Präferenz für die korrekten Rufe feststellen. Das beweist, dass die Vögel tatsächlich Kategorien für richtige und falsche Notenfolgen kennen. Die richtigen und falschen Notenfolgen haben wir erzeugt, damit mögliche Präferenzen für natürliche Rufe das Experiment nicht verfälschen können.

Manche Vögel sprachbegabter als andere

In einem zweiten Schritt konnten auch individuelle Unterschiede in der Sprachbegabung der Vögel festgestellt werden. Den Schwarzkopfmeisen wurde mit Hilfe von Belohnungen beigebracht, falsche Notenfolgen zu identifizieren.

Es zeigte sich, dass die Individuen, die im ersten Experiment eine stärkere Präferenz für die korrekte Notenfolge zeigten, auch schneller lernten, den Wissenschaftlern zu signalisieren, dass sie falsche Rufe hörten.

„Falsche Notenfolgen kommen bei Schwarzkopfmeisen eigentlich nicht vor“, so Hoeschele. „Die Vögel halten sich von Natur aus immer an die korrekte Abfolge. Einige Individuen scheinen aber eine besondere Begabung für solche Sprachspiele zu haben.“

Schwarzkopfmeise
Die Schwarzkopfmeise (Poecile atricapillus) ist in Nordamerika als black-capped chickadee bekannt. – Bild: Veronika Andrews / Pixabay

Gesamtkomplexität der Sprache der Schwarzkopfmeisen noch nicht untersucht

Wie komplex die Sprache der Schwarzkopfmeisen wirklich ist und welche Inhalte damit kommuniziert werden können, ist derzeit noch unklar. ÖAW-Forscherin Marisa Hoeschele:

Neben den Chick-a-Dee-Rufen verwenden die Schwarzkopfmeisen noch eine Reihe anderer Rufe, die zum Teil noch komplizierter sind und deren Regeln wir bisher nicht untersucht haben.

Bei anderen Singvögeln, Papageien, Walen, Delfinen und Elefanten ist es ebenfalls so, dass die Tiere die korrekten Laute erst erlernen müssen, um kommunizieren zu können. Hier gibt es teilweise auch Hinweise auf grammatikalische Regeln in der Kommunikation zwischen Artgenossen.

Die Strukturen und Inhalte sind im Tierreich wahrscheinlich nicht so komplex wie bei der menschlichen Sprache, aber die Forschung steht erst am Anfang und es wartet vielleicht noch die eine oder andere Überraschung auf uns.

Originalpublikation

  • Kimberley A. Campbell, Marisa Hechele, et al.: „Black-capped chickadees (Poecile atricapillus) discriminate between naturally-ordered and scramble-ordered chick-a-dee calls and individual preference is related to rate of learning“ in: Behavioural Processes, 2023. DOI: doi.org/10.1016/j.beproc.2023.104842

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